19 für 2019: Ali Can bringt Menschen zusammen
Dieser Beitrag wurde am 29.12.2018 auf bento.de veröffentlicht.
Wie fühlt sich das an, wenn du zwar in Deutschland aufgewachsen bist, deine Familie aber aus einem anderen Land stammt? Ali Can, 25, weiß das. 1995 machten sich seine Eltern aus einer türkischen Kleinstadt nahe der syrischen Grenze auf den Weg nach Deutschland. Aus einer kulturellen Identität wurden zwei.
Im vergangenen Jahr startete Can #MeTwo. Tausende Menschen mit Migrationshintergrund berichteten, wie sie im Alltag Diskriminierung und Rassismus erleben. (bento)
Nicht seine erste Aktion: Um mit Flüchtlingsgegnern ins Gespräch zu kommen, rief er bereits im Jahr davor die "Hotline für besorgte Bürger" ins Leben. Und jetzt startet er sein nächstes Projekt. In Essen soll ein Haus für ganz unterschiedliche Kulturen entstehen. Er will zeigen: Trotz Unterschieden kann friedliche Kommunikation gelingen.
Wir haben mit Ali Can über das neue Vorhaben für 2019 gesprochen.
Was war dein größter Erfolg im vergangenen Jahr?
Ich hätte nicht damit gerechnet, dass #metwo so erfolgreich wird. Zum ersten Mal werden Menschen mit Migrationshintergrund richtig wahrgenommen.
Ali Can
Das ist wichtig in der Debatte um Integration in einem Einwanderungsland wie Deutschland. Jetzt gerade habe ich eine Einladung bekommen, dass man mich im US-Konsulat in Düsseldorf empfangen will. Der Wahnsinn.
Welche Herausforderung gab es dabei – und wie hast du sie gemeistert?
Die ganzen Anfragen und Zuschriften waren enorm – es ist schwierig, allem gerecht zu werden. Mich erreichen täglich Mails und Anrufe. Aber es gibt mir jedes Mal Energie, wenn Menschen sich bei mir bedanken, dass ich ihre Stimmen etwas lauter mache. Außerdem braucht es irgendwann ein gutes Team und weitere Ehrenamtliche, die mit mir zusammenarbeiten.
Was ist dein persönlicher Wunsch für 2019?
Ich werde jetzt etwas sesshafter in Essen. Dort leite ich das VielRespektZentrum – ein Haus, in dem sich Menschen aus verschiedenen Kulturen, aus sozialen Schichten und unterschiedlichen Religionen begegnen und ins Gespräch kommen sollen. Meine Idee: In unterschiedlichen Räumen sollen Menschen erst entspannen und dann miteinander diskutieren. Menschen sollen erfahren, wie Streitkultur und friedliche Kommunikation gelingen kann.
Mein Lieblingszitat eines persischschen Gelehrten dazu: "Jenseits von richtig und falsch liegt ein Ort. Dort treffen wir uns."
Bei uns in Essen soll so ein Ort sein: Es gibt einen Raum der Stille, einen Raum der Entspannung – zum Beispiel mit Massagesessel –, einen Gebetsraum für Frauen und für Männer, ein Raum des Glaubens für alle Religionen und ein Raum der Wissenschaft. In einem Video-Studio ist es möglich, eigene Videos zu produzieren und damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Außerdem gibt es ein Café und eine Küche. Meine Vorstellung: Kartoffeln und Königsberger Klopse werden neben Ravioli und Couscous mit Minze gekocht.
Was brauchst du dafür, um deine Ideen umzusetzen?
Ich habe eine kleine Gruppe von Aktivisten um mich, die #metwo fortführen wird, am Wochenende ist die erste Sitzung. Es geht darum, wie wir noch mehr Aktionen planen können.
Auch hier im Zentrum in Essen helfen mehr als 30 Menschen ehrenamtlich. Es ist mir eine Herzensangelegenheit, eine riesengroße Gruppe zu etablieren. Das Ruhrgebiet hat schon ganz viele Organisationen und Verbände – aber ich wünsche mir, dass die sich weiter vernetzen und helfen können.
19 für 2019
Sie helfen Menschen in Not, retten Bäume für das Klima, kämpfen für faire Löhne, engagieren sich gegen Rechts, streiten für Gerechtigkeit und sind ganz einfach Vorbilder: Wir stellen 19 junge Menschen vor, die uns 2018 inspiriert haben – und von denen wir 2019 noch viel hören werden. Hier geht es zur Übersicht