
Alkohol in den Emiraten Ein Loch, sich zu laben
Es gibt viele Gründe, das Leben am Golf angenehmer zu finden als das in Deutschland. Zum Beispiel trocknet die Wäsche schneller. Und man sieht weniger Männer in kurzen Hosen mit Tennissocken, weil hier die Männerbeine verschleiert herumlaufen. Auch werden einem im Polizeihauptquartier zur Begrüßung frische Datteln und arabischer Kaffee angeboten.
So jedenfalls im Revier Khalifa City, weit vor den Toren der Stadt, wohin sich zu begeben hat, wer eine Likörlizenz haben möchte, richtiger: eine Liquor License. Noch richtiger: eine Lizenz zum Saufen.
"Black List" steht auf dem Schild am Schalter - aber das, sagt die verschleierte Polizistin, sei nur für die "Wanted Men". Die sich hier stellen können. Gerade ist keiner da. Die Liquor License gibt es einen Meter weiter.
Der Koran sagt zwar in der 16. Sure: "Wir geben euch von den Früchten der Palmen und der Weinstöcke, woraus ihr euch ein Rauschgetränk und einen schönen Lebensunterhalt nehmt." Aber das ist eher eine Feststellung des Faktischen, keine Lizenz zum Brauen.
Mischung aus Puffbesuch und Exhibitionismus
Denn: "Oh ihr, die ihr glaubt, der Wein, das Glücksspiel, die Opfersteine und die Lospfeile sind ein Gräuel von Satans Werk. Meidet es, auf dass es euch wohl ergehe." (5. Sure, 90) Erst im Paradies ist mit "Bächen von Wein" zu rechnen. Weil auch Abu Dhabi trotz seines Pro-Kopf-Einkommens vom Paradies noch einiges entfernt ist, herrscht hier Alkoholverbot.
Eigentlich.
Uneigentlich gibt es überall in der Stadt Geschäfte, deren Namen vermuten lassen, es handele sich um Kontore oder Unternehmensberatungen: "African & Eastern" oder "Gray Mackenzie & Partners". Ihre Schaufenster sind zugeklebt, und es gibt separate Ein- und Ausgänge, so dass man nie aus derselben Tür herauskommt, in der man zuvor verschwunden ist. Vor diesen sinistren Orten halten abends Limousinen mit stark getönten Scheiben. Man sieht philippinische Bedienstete Kartons herantragen oder schwarze Tüten, in denen Glas an Glas schlägt.
Bestimmt sind es Christen, die in diesen Wagen sitzen.
Und bestimmt haben sie auch ihre Liquor License dabei - es gibt sie in verschiedenen Preisklassen, wobei die Regel gilt: Je höher das Einkommen, desto mehr wird getrunken.
Die Schwelle zu diesen Etablissements zu übertreten, erfordert eine gewisse Abgebrühtheit. Es ist eine Mischung aus Puffbesuch und Exhibitionismus, denn wer hier hineingeht, der will das eine: Alk.
"Gott ist voller Vergebung und barmherzig"
Gleich hinter der Tür ragen Whiskey- und Ginregale in die eisgekühlte Luft, bayerisches Weißbier palettenweise, Liköre in allen Farben der Regenbogenpresse, edler Bordeaux aus West South Wales, billige Loireweine und teure Chile-Crus, Bäche von Wein, Früchte von Palmstock und Rebe also in allen Öchslegraden und Pressungen. Und auch die Tugendwächterinnen an der Kasse fragen nur nach der Scheckkarte, nicht nach sonstigen Dokumenten, denn: "Gott ist voller Vergebung und barmherzig." (33. Sure, 73).
"Hole in the wall" wird das in der Golf-Literatur genannt, "Loch in der Wand". Es ist der kleine Lichtblick im Regelwerk, die diskrete Ausnahme vom Allgemeinen, durch die das Leben besonders wird. Wer das Loch verlässt, ist verpflichtet, auf dem kürzesten Weg nach Hause zu fahren. Denn Alkohol darf nicht transportiert werden.
Unglückliche, die einen Unfall haben und auch nur eine Flasche Wein in ihren Kofferräumen, bekommen ziemlichen Ärger. Denn, so heißt es in Sure 56, "trinken werdet ihr wie durstkranke Kamele. Das ist ihre Bewirtung am Tag des Gerichts."