Amoklauf Von langer Hand vorbereitet
Denver - Das Schulmassaker von Littleton (US-Bundesstaat Colorado) war von langer Hand geplant. Dabei spielten auch rechtsradikale Motive eine Rolle, ergaben Hinweise im Tagebuch eines der beiden Todesschützen. Während die Einwohner der kleinen Stadt bei Denver am Sonntag gemeinsam mit US-Vizepräsident Al Gore von den Opfern des Attentats Abschied nehmen wollten, wuchs die Furcht vor neuen Gewalttaten durch Komplizen der Attentäter von Littleton und Nachahmern in anderen Landesteilen.
Bereits seit einem Jahr hätten die Todesschützen Eric Harris (18) und Dylan Klebold (17) ihre Tat vorbereitet, sagte Sheriff John Stone am Samstag. Die beiden Teenager hatten am Dienstag 12 Mitschüler und einen Lehrer erschossen und mehr als 30 Bomben in ihrer Schule gelegt. Anschließend töteten sie sich selbst. Aus einem handschriftlichen Tagebuch, das im Elternhaus von einem der beiden Todesschützen gefunden wurde, geht hervor, daß die Planungen im April 1998 begannen. Das Buch habe Zeichnungen und Notizen über die Absicht enthalten, die Schule zu zerstören. Die Aufzeichnungen weisen nach Stones Angaben außerdem auf einen Zusammenhang mit dem 110. Geburtstag von Adolf Hitler hin.
Zugleich wurden Spekulationen um neue Gewalttaten laut. Die Behörden hatten eine E-Mail-Botschaft erhalten, von der zunächst angenommen wurde, sie könnte vor dem Blutbad von einem der Todesschützen verfaßt worden sein. In dem Schreiben werden für diesen Montag neue Bluttaten angekündigt. Nach näheren Untersuchungen hält die Polizei es aber nicht für authentisch. Trotzdem würden Vorsichtsmaßnahmen ergriffen, hieß es.
An zahlreichen anderen Schulen des Landes hatte das Blutbad zu Vorsorgemaßnahmen, aber auch Panikreaktionen geführt. So kam es zu Evakuierungen, Polizeieinsätzen und vorübergehenden Festnahmen, nachdem Schüler Morddrohungen gegen Lehrer und Schulkameraden ausgestoßen hatten. In Wimberley (Texas) sind fünf Teenager in Untersuchungshaft, die seit Monaten einen Anschlag ähnlich dem in Littleton geplant haben sollen. Den 14jährigen Jungen droht eine Anklage wegen Verschwörung zum Mord. Zeugen hätten schon vor längerem zufällig Gesprächsfetzen aufgeschnappt, diese aber erst nach den Ereignissen in Littleton ernstgenommen, hieß es.
US-Präsident Bill Clinton rief unterdessen dazu auf, die "Kultur der Gewalt" zu beenden, die zu dem Blutbad beigetragen habe. Er forderte am Samstag vom Kongreß die Verabschiedung schärferer Waffengesetze und kündigte dafür Initiativen der Regierung an. So dürften keine Waffen mehr in die Hände gewalttätiger Jugendlicher fallen. An die Unterhaltungsindustrie appellierte der Präsident in seiner wöchentlichen Radioansprache, sich bei der Programmgestaltung verantwortungsbewußter zu verhalten. Vor allem müßten aber die Eltern stärker beobachten, was ihre Kinder im Fernsehen oder auf dem Computerschirm anschauten.
Zehn der insgesamt 28 Menschen, die bei dem Amoklauf verletzt worden waren, konnten inzwischen aus dem Krankenhaus entlassen werden. Dazu gehört ein 15jähriger, dem neunmal ins Bein geschossen worden war. Er wird nach Auskunft der Ärzte wieder normal laufen können.
Die Polizei hat nach eigenen Angaben seit dem Schulmassaker mehr als 500 Zeugen vernommen und etwa 2 000 Beweisstücke gesammelt. Es sei aber noch nicht gelungen, etwaige Komplizen der Todesschützen Harris und Klebold ausfindig zu machen, sagte der Sprecher der zuständigen Sheriff-Abteilung, Steve Davis.