Anastasiia Konarska Ein Aus-Schalter für Putin

Achraf Mouhsine
Eine ihrer großen Sorgen: dass die Welt langsam, aber sicher den Krieg in der Ukraine vergisst. Anastasiia Konarska, 28, Art-Direktorin und Regisseurin aus Kiew, wird immer häufiger besonders von jungen Leuten gefragt, ob es denn wirklich so schlimm sei in ihrer Heimat. Das sagte sie dem SPIEGEL. Konarska, die im März vor den russischen Angriffen geflohen ist und seit Mai in Berlin arbeitet, fürchtet, alle könnten sich daran gewöhnen, dass in Europa ein Krieg tobt, der ihrer Meinung nach immer schlimmer wird. Deshalb ist sie froh, mit einer Energiespar- und Anti-Putin-Kampagne das Kriegsgeschehen im öffentlichen Bewusstsein wachzuhalten. Auf dem von ihr entworfenen Plakat ist das Konterfei des russischen Präsidenten auf einem Lichtschalter zu sehen, dazu die Sätze: »Schalt ihn aus. Energiesparen ist kriegsentscheidend.« Die aggressive Doppeldeutigkeit ist Konarska bewusst, sie habe die Aufforderung »Schalt ihn aus« vorher mit dem deutschen Texter diskutiert – und hält die Provokation für notwendig, um Aufmerksamkeit zu erregen: »Solange das eigene Land, die eigene Familie nicht betroffen sind, sind viele Menschen gleichgültig. Und sie glauben, dass ihnen das nicht passieren kann, aber es kann passieren.« Sie selbst sei bis zuletzt überzeugt gewesen, dass es nicht zum Angriff käme, »schließlich leben wir im 21. Jahrhundert, ich habe das nicht für möglich gehalten«. Dass sich alles sofort ändern würde, wenn Putin nicht mehr Präsident wäre, glaubt die Grafikerin nicht: »Es gibt zu viele Politiker, die hinter diesem System stehen.« Sie ist überzeugt, dass Russland auch nach einem Sieg über die Ukraine keine Ruhe geben würde: Dann komme das nächste Land ins Visier. Mit ihrem Plakat könne sie zwar nicht viel ausrichten, »aber jede Kleinigkeit zählt«.