Fragwürdige Geschäfte in der Pandemie Vergabeanwälte kritisieren Laschets NRW-Regierung

In einem offenen Brief kritisieren Vergabe-Experten Verstöße der Politik gegen EU-Recht. Die Vorwürfe richten sich auch gegen Armin Laschet und die Aufträge seiner Regierung an Textilhersteller van Laack.
NRW-Ministerpräsident Laschet: Als Negativbeispiel nennen die Anwälte die van-Laack-Affäre

NRW-Ministerpräsident Laschet: Als Negativbeispiel nennen die Anwälte die van-Laack-Affäre

Foto: Christoph Hardt / imago images/Future Image

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Der umstrittene Deal der nordrhein-westfälischen Landesregierung mit dem Textilhersteller van Laack ist erneut Auslöser heftiger Kritik. Rund zwei Dutzend Fachanwälte für Vergaberecht aus ganz Deutschland haben einen offenen Brief verfasst, in dem sie den NRW-Behörden, anderen Landesregierungen und der Bundesregierung »systematische Missachtung des EU-Vergaberechts« vorwerfen.

Die Entwicklung sei »fatal« und »schädlich« für die Demokratie, heißt es in dem Schreiben. Der Brief liegt dem SPIEGEL vor, er wurde am Montag an Politikerinnen und Politiker der EU-Kommission und des Deutschen Bundestags verschickt.

Wettbewerb und Transparenz bei der Vergabe von Aufträgen der öffentlichen Hand gehörten zu den Grundpfeilern der Europäischen Union, schreiben die Autorinnen und Autoren. Doch vor allem bei »großvolumigen Beschaffungsvorgängen« der Politik würden Vorgaben zunehmend außer Kraft gesetzt. Die Coronapandemie wirke hierbei »wie ein Brandbeschleuniger«.

Steuerzahler und Mittelständler als Leidtragende

Es gebe immer mehr Aufträge »ohne echten Wettbewerb«, was rechtlich unzulässig sei. Manche Aufträge würden »zu stark erhöhten Preisen« vergeben, wofür am Ende die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler aufkommen müssten. Leidtragende seien auch mittelständische Firmen, die »keine Chance erhalten, sich im Wettbewerb, dem sie sich gern stellen würden, zu bewähren«.

Als Negativbeispiel nennen die Anwälte die van-Laack-Affäre. Voriges Jahr bestellte die NRW-Regierung wiederholt Corona-Schutzausrüstung bei dem Textilhersteller van Laack, ohne vorherige Ausschreibung. Der Fall brachte Ministerpräsident und Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) in Bedrängnis. Sein Sohn, der für van Laack als Influencer arbeitet, hatte den Kontakt zwischen der Firma und dem Ministerpräsidenten hergestellt.

Laschet musste sich vorwerfen lassen, Vetternwirtschaft betrieben zu haben. Den Vorwurf weist er bis heute zurück. Seine Landesregierung teilte mit, dass das Bundeswirtschaftsministerium ein »Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb« im März 2020 empfahl.

»Seilschaften scheinen wichtiger als EU-Vorgaben«

Neben dem van-Laack-Deal werden in dem offenen Brief 14 weitere Auftragsverfahren benannt, die rechtswidrig gewesen sein sollen. Die Anwälte werfen elf Bundesländern vor, die Lizenz der Corona-Warn-App Luca »ohne jeden Wettbewerb« gekauft zu haben. Kritisiert wird auch das Land Berlin, das in einer »Direktvergabe« und wieder »ohne jeden Wettbewerb« eine Firma damit beauftragt haben soll, für mehr als 80 Millionen Euro Corona-Testzentren zu bauen.

Selbst in der Pandemie, schreiben die Autoren, seien »bei Dringlichkeit« Ausschreibungen »mit verkürzten Fristen« möglich, genauso wie »der Wettbewerb mit mehreren Unternehmen«.

»Die Politik behauptet gern, in der Krise bei Aufträgen unter besonders großem Zeitdruck zu stehen, doch das ist ein Ammenmärchen«, sagt der Anwalt Thomas Mösinger, einer der Initiatoren des Briefs. »Mitunter scheinen Seilschaften und Klüngel wichtiger zu sein als EU-Vorgaben, das vergrößert das Misstrauen in den Staat.«

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