Umfrage für den SPIEGEL 41 Prozent der Deutschen wollen Neubau von Atomkraftwerken

Kühlturm des Kernkraftwerks Isar 2 in der Nähe von Landshut (2018)
Foto: Armin Weigel / dpaAngesichts der Energiekrise und möglicher Versorgungsengpässe stehen die Deutschen der Atomkraft deutlich aufgeschlossener gegenüber als bisher. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Online-Befragungsunternehmens Civey für den SPIEGEL.
78 Prozent der Befragten sprachen sich dafür aus, die drei noch laufenden deutschen Kernkraftwerke bis zum Sommer 2023 weiterzubetreiben, eine Variante, die in der Politik als sogenannter Streckbetrieb diskutiert wird. Selbst bei den Anhängern der Grünen findet sich hierfür eine knappe Mehrheit.
Besonders große Zustimmung zum Neubau bei Wählern der Union und der AfD
Es gibt aber offenbar auch breite Zustimmung dafür, die verbliebenen Meiler weitaus länger am Netz zu lassen. 67 Prozent der Befragten sprachen sich dafür aus, die Atomkraftwerke für weitere fünf Jahre zu betreiben. Nur 27 Prozent lehnten das klar ab. Bei den Anhängern von CDU/CSU, FDP und AfD sprachen sich besonders viele für die Verlängerung der Laufzeiten um mehrere Jahre aus.
Sogar auf die Frage, ob Deutschland neue Atomkraftwerke bauen solle, etwas, was politisch so gut wie nicht diskutiert wird, antworteten 41 Prozent der Befragten mit Ja. 52 Prozent sprachen sich gegen solche Neubauten aus. Besonders groß war die Zustimmung zu Neubauten bei Anhängern der CDU/CSU und der AfD. Viele Neubaugegner gab es bei den Grünen.
Civey befragte am 2. und 3. August rund 5000 Personen online.
Hintergründe zur Civey-Methodik lesen Sie hier.
Diese Zustimmungswerte zur Atomkraft sind erstaunlich, vor allem weil es nach dem Super-GAU in Tschernobyl 1986 und nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima 2011 klare Mehrheiten für den Ausstieg aus der Atomenergie gab. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid für den SPIEGEL aus dem Jahr 1989, dem Jahr, in dem das letzte westdeutsche Kernkraftwerk, Neckarwestheim II, ans Netz ging, sprachen sich nur drei Prozent aller Befragten für den Bau weiterer Meiler aus. In den vergangenen Jahren jedoch, nachdem der Ausstieg 2011 beschlossen worden war, nahm die Zustimmung zum Ende der Atomkraft wieder ab.
Am Donnerstag hatten der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz das Kernkraftwerk Isar 2 in Bayern besucht. Söder plädierte dort dafür, Isar 2 mindestens bis zum Jahr 2024 weiterzubetreiben. Merz forderte schnelle politische Entscheidungen über einen möglichen Weiterbetrieb, sagte aber auch: »Wir wollen nicht zurück in die alte Kernenergie.«