Tokio - Kein Land der Welt ist sich der Gefahr durch Erdbeben und Tsunamis so bewusst wie Japan. Doch jetzt erlebte das Land das schwerste jemals gemessene Beben seiner Geschichte, massive Tsunamis haben schlimmste Verwüstungen angerichtet.
Hier erste Augenzeugenberichte: Yukiko, eine Einwohnerin von Tokio, befand sich in ihrer Wohnung im vierten Stock eines Apartmenthauses: "Erst dachte ich, es sei eines der üblichen mäßigen Beben, die wir von Zeit zu Zeit haben", sagte sie der BBC. "Dann bebte es richtig heftig. Ich habe immer in Tokio gewohnt, aber so starke Erdstöße habe ich noch nie erlebt."
Auch der Amerikaner Matt Alt, der seit acht Jahren in Tokio lebt, befand sich zu Hause. "Es war ein schöner Frühlingstag, es war sonnig draußen. Ich hatte gerade eingekauft. Plötzlich schlug das Beben zu. Sachen fielen von unseren Schreibtischen", sagt er im Telefoninterview mit CNN. Er und seine Familie hätten sich nicht aufrichten können, sondern auf dem Boden kauern müssen. "Ich hoffe, ich muss das nie wieder erleben, aber leider gibt es immer wieder Nachbeben. Es waren eineinhalb Minuten - aber es fühlte sich sehr viel länger an, glauben Sie mir."
BBC-Reporter Roland Buerk war gerade auf der Straße, als sich die Naturkatastrophe ereignete. "Es war, als ob ich an Deck eines Schiffes sei. Die Menschen waren schockiert, einige haben sich aus Angst auf den Boden geworfen."
Dem japanischen TV-Sender NHK zufolge sind vier Millionen Menschen in Tokio und der näheren Umgebung ohne Strom. Das Handynetz funktioniert Korrespondenten zufolge nur zeitweise.
Gewaltige Flutwelle reißt Autos und Häuser mit sich
"Es ist das Schlimmste, was ich miterlebt habe, seit ich in Japan bin. Und das sind 20 Jahre", sagte die Reuters-Journalistin Linda Sieg. "Das Gebäude wackelte für eine ewig lange Zeit. Viele Leute im Newsroom griffen nach ihren Helmen und krochen unter ihre Schreibtische."
"Wir müssen hier erst einmal die Ruhe bewahren," berichtete der Leiter des Goethe-Instituts in Tokio, Raimund Wördemann, der Nachrichtenagentur dpa etwa eine Stunde nach dem ersten Erdstoß - da gab es wieder ein Nachbeben. Es gebe im Gebäude keinen absolut sicheren Raum, so Wördemann. "Es gibt nur eben die Aussage, das Gebäude selbst sei besonders sicher, so dass wir hier mit Helm auf dem Kopf und teilweise unter den Tischen kauernd im Moment noch ausharren."
Der Erdstoß der Stärke 8,9 löste einen Tsunami aus. Eine gewaltige Flutwelle überspülte die Ostküste der Hauptinsel Honshu. Der japanische TV-Sender NHK zeigt Bilder auf denen zu sehen ist, wie Wellen über Ackerland nahe der Stadt Sendai hinwegrollen. Die Fluten reißen Autos und Häuser mit sich. Auch Ölraffinerien stehen unter Wasser. Orte an der Küste sind meterhoch überschwemmt; in den Straßen treiben Holzstücke, Plastik, sogar ein Auto herum.
Der Tsunami schwappte auch in die Stadt Natori in der nordostjapanischen Präfektur Tochigi. In Autos und Häusern seien Menschen weggeschwemmt worden, berichtete der japanische Fernsehsender NHK. Die örtlichen Behörden seien nicht in der Lage, den Menschen zu Hilfe zu kommen. Die Katastrophe sei so schlimm, dass selbst örtliche Rettungsdienste zusammengebrochen seien.
Mindestens 18 Menschen sind durch das schwere Beben und den Tsunami ums Leben gekommen, meldet der japanische Radiosender NHK. Mehrere der Opfer seien am Freitag durch den Einsturz von Häusern getötet worden, hieß es in den Berichten.
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Die Menschen in Japan sind Beben gewohnt - doch diese Erdstöße sind für viele wohl die heftigsten, die sie je erlebt haben. Zahlreiche Einwohner von Tokio versuchten, nach dem Beben zu telefonieren. Das Handynetz funktioniert allerdings nur zeitweise.
Menschen sammeln sich vor einem Gebäude in Tokio. Ein Augenzeuge aus Tokio sagte dem Sender CNN: "Ich hoffe, ich muss so etwas nie wieder erleben."
In der Haupstadt Tokio wankten Häuser, auch Brände brachen aus. Nach Berichten der Nachrichtenagentur Kyodo wurde der Flughafen geschlossen. Auch die Nahverkehrszüge sowie die U-Bahn stellten demnach den Betrieb ein. Vier Millionen Menschen im Großraum Tokio sollen von einem Stromausfall betroffen sein.
Mitarbeiter der Agentur AP suchen während des Erdbebens in Tokio Schutz unter ihren Tischen.
Mitarbeiter eines Hotels in Tokio werden aufgefordert, das Gebäude zu verlassen.
Rettungskräfte in Tokio: Nach Angaben des Radiosenders NHK sollen mindestens 18 Menschen gestorben sein.
Japans Premierminister Kan im Parlament in Tokio - das Foto zeigt die Abgeordneten während des Bebens. Das Kabinett kam anschließend zu einer Krisensitzung zusammen.
Menschen auf Straße in Tokio - zahlreiche Gebäude in der Hauptstadt wurden evakuiert.
Unmittelbar nach dem schweren Beben trafen große Tsunamis die Küste. Hachinohe im Nordosten des Landes wurde verwüstet.
Auch aus anderen Orten wurden schwere Schäden gemeldet. In Chiba geriet eine Öl-Farbik in Brand.
Eine weitere Welle traf wenig später die Hafenstadt Sendai an der Ostküste. Der Tsunami soll bis zu zehn Meter hoch gewesen sein.
Nach der Katastrophe in Japan (hier die Welle vor Sendai) dehnte das US-Tsunami-Warnzentrum die Warnung auf praktisch alle Küstengebiete am Pazifik aus. Dies gelte für Australien und Südamerika. Auch Indonesien gab eine Tsunami-Warnung aus. Die Bewohner der östlichen Küstengebiete sollten wachsam sein, hieß es. Für die Marianen-Inseln wurde eine Evakuierung angeordnet.
Auf Hawaii strömten Menschen in die Supermärkte und deckten sich mit Vorräten ein. Auch für den US-Bundesstaat im Pazifik gilt eine Tsunami-Warnung.
Auch die Stadt Fukushima wurde überflutet. Sie liegt rund 200 Kilometer nördlich von Tokio.
Die Wassermassen überfluteten auch den Ort Iwaki.
In der Miyagi-Provinz treiben Autos in den Wassermassen.
Blockierte Straße im Osten Japans
Zerstörte Autos in der Stadt Mito
Darstellung des Bebens in einer Grafik des US Geological Survey (USGS).
Tsunami-Warnung des japanischen meteorologischen Dienstes (besonders gefährdete Küstenstreifen in rot markiert): Wasserhöhen über drei Meter
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