Verbrannte Tiere in Australien Was sich das Feuer nimmt
Es scheint noch ein junges Känguru gewesen zu sein, etwa einen Meter groß. Vielleicht war es seiner Mutter hinterher gesprungen auf der Flucht vor den Buschfeuern, die im Süden Australiens zu großen Teilen außer Kontrolle geraten sind und immer mehr Land niederbrennen. Es konnte sich nicht retten.
Ein Foto zeigt seine verkokelten Überreste: Das kleine Känguru hatte sich offenbar in einem Maschendrahtzaun verfangen, die Vorderpfoten und der Kopf ragen durch das Loch im Zaun, der Kadaver ist verkohlt.
Der Fotograf Brad Fleet postete das Bild auf Instagram, "Feels like Australia is burning" (deutsch: Es fühlt sich an, als brenne Australien) schrieb er lapidar dazu. Binnen weniger Stunden wurde das Foto zigfach geteilt und kommentiert. Die Reaktion der meisten Betrachter ist einhellig: Schock, Ergriffenheit, viele sehen das Bild als Symbol der gesamten Katastrophe und als Ausdruck der Hilflosigkeit, die Anwohner, Helfer und Einsatzkräfte zunehmend empfinden.
Gegenüber dem SPIEGEL bestätigte Fleet, der für die australische Nachrichten-Website "The Advertiser" arbeitet, die Echtheit des Fotos. Es sei vergangene Woche in Cudlee Creek entstanden, in der Nähe der Stadt Adelaide im Bundesstaat South Australia, etwa zwei Wochen, nachdem dort ein verheerendes Buschfeuer ausgebrochen war .
"Heiß, trocken und leblos"
"Ich bin entlang eines Flussbetts in das komplett zerstörte Gebiet gefahren", sagte Fleet. "In dem Tal gab es keine Farben mehr, alles war braun und schwarz." Ein paar Mal sei er aus dem Auto ausgestiegen, um Fotos zu machen. Man habe die toten Tiere riechen können. "Es war heiß, trocken und leblos."
"Für die Tiere, die überlebt haben, wird es von jetzt an noch schwieriger", sagte er. Das Feuer habe ihnen jegliche Lebensgrundlage genommen, es gebe kein Futter mehr und keine Unterschlüpfe. "Und wir haben den Höhepunkt des Sommers noch gar nicht erreicht, die heißesten Temperaturen werden im nächsten Monat erst noch kommen."
Allein im besonders betroffenen Bundesstaat New South Wales sind Schätzungen zufolge bisher rund eine halbe Milliarde Tiere in den Flammen umgekommen . Es seien vor allem die kleineren Tiere, die nicht so schnell wegrennen können, die den Feuern zum Opfer fallen, sagte Chris Dickman von der University of Sydney der BBC.
Der Experte für Biodiversität hatte die Zahlen zu den toten Tieren veröffentlicht. Auch er befürchtet: "Selbst die Tiere, die die Flammen überlebt haben, werden später sterben, da sie weder Nahrung noch Unterschlupf finden."
Ein Feuer wie ein Güterzug
Am Sonntag war ein neues Feuer in den Southern Highlands im Bundesstaat New South Wales ausgebrochen und hatte Dutzende Häuser zerstört. Das Feuer sei weitaus schlimmer gewesen, als von der Feuerwehr zuvor in ihrem Worst-Case-Szenario befürchtet worden war, berichtet der "Sydney Morning Herald" .
Ein Anwohner beschreibt gegenüber der Zeitung, wie er mit seiner Familie in letzter Minute flüchten konnte: "Das Feuer brüllte wie ein sich nähernder Güterzug", sagte David Bruggerman demnach. Er und seine Familie hätten sofort ihre gepackten Taschen genommen und in den Van geladen. "Überall war Rauch, Funken fielen vom Himmel." Um sie herum hätten die Häuser in Flammen gestanden.
Tausende Australier mussten inzwischen aus Städten im Südosten des Landes evakuiert werden. Mindestens 24 Menschen starben. Derweil regt sich zunehmend Kritik am Krisenmanagement der Regierung. Vor allem dem als Kohleliebhaber geltenden Premierminister Scott Morrison wird unprofessionelles Fehlverhalten und Ignoranz vorgeworfen.
So verkündete Morrison zwar die größte Zwangseinberufung von Reservisten in der Geschichte Australiens werbewirksam auf seinem Twitter-Kanal. Er informierte aber nicht den Leiter der Feuerwehr in New South Wales darüber. Dieser empörte sich - zu Recht - über Morrison, ihm schlossen sich weitere Feuerwehrleute an.
Auch Anwohner der betroffenen Gebiete sind nicht gut auf den Premierminister zu sprechen. Bei einem Besuch in der stark von den Bränden betroffenen Stadt Cobargo wurde Morrison von Bewohnern beschimpft.
Hilflosigkeit macht sich zunehmend breit in Australien. Menschen müssen dabei zusehen, wie ihre Häuser verbrennen. Die Feuerwehr scheitert im Kampf gegen die Flammen. Der rettende Regen ist nicht in Sicht, vermutlich werden die Temperaturen sogar noch steigen. Eine Fläche größer als Belgien ist mittlerweile zu totem Land geworden. Und niemand weiß, wie viele kleine Kängurus bereits verbrannt sind.