Blumengedecke am Unglücksort
Foto: Sven Hoppe/ dpaEtwa zwei Monate nach dem Zusammenprall zweier Züge in der Nähe von Bad Aibling ist ein weiterer Schwerverletzter gestorben. Der 46-Jährige aus dem Landkreis Rosenheim erlag in einem Münchner Krankenhaus seinen schweren Verletzungen, wie die Polizei mitteilte. Damit erhöht sich die Zahl der Todesopfer auf insgesamt zwölf.
Bei dem Zusammenstoß auf der Strecke zwischen Rosenheim und Holzkirchen waren am 9. Februar zudem mehr als 85 Menschen teils lebensgefährlich verletzt werden. Der Unfall war eines der schwersten Bahnunglücke in Deutschland in den vergangenen Jahren.
Am Dienstag war bekanntgeworden, dass der zum Zeitpunkt des Unglücks zuständige Fahrdienstleiter kurz vor der Kollision auf seinem Handy gespielt hatte. Der 39-Jährige sitzt in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, wegen des Handyspiels abgelenkt gewesen zu sein.
Den Ermittlern zufolge wird dem Mann nach den neuen Erkenntnissen zu seiner Handynutzung nicht mehr nur Augenblicksversagen, sondern eine erheblich schwerer ins Gewicht fallende Pflichtverletzung vorgeworfen. Der Fahrdienstleiter habe wegen des Spielens mit seinem Mobiltelefon den Zügen falsche Signale gegeben und später bei Notrufen am Funkgerät die falsche Tastenkombination gedrückt. Er habe das Spielen gestanden, aber bestritten, davon abgelenkt gewesen zu sein
Fahrdienstleiter der Deutschen Bahn dürfen nach den Vorschriften des Unternehmens während der Arbeitszeit ihr Mobiltelefon nicht privat für Online-Computerspiele nutzen. Dieses eindeutige Verbot gelte entsprechend etwa auch für Fernseh- und Radiogeräte, sagte ein Bahnsprecher. Die Vorschrift sei allen rund 13.000 Fahrdienstleitern bekannt und werde auch in der Ausbildung gelehrt.
Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) wollte den konkreten Fall wegen der laufenden Ermittlungen nicht kommentieren. Grundsätzlich seien sich die Fahrdienstleiter "ihrer Verantwortung bewusst, die sie tragen, und nehmen sie auch wahr", sagte ein EVG-Sprecher.
Die Ermittlungen zu den Ursachen des Zugunglücks dauerten trotz der neuen Erkenntnisse noch an, hatte die Staatsanwaltschaft am Dienstag mitgeteilt. "Bis heute haben sich aber keine Hinweise auf technische Störungen ergeben, die Ursache oder Mitursache der Katastrophe sein könnten."
Im Video: Fahrdienstleiter offenbar von Handyspiel abgelenkt
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Das Zugunglück von Bad Abiling mit elf Toten und mehr als 80 Verletzten geht laut Angaben der Ermittler auf menschliches Versagen zurück.
Gegen den 39-jährigen Fahrdienstleiter sei ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung, Körperverletzung und eines gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr eingeleitet worden, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Wolfgang Giese.
Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (Mitte) und der SPD-Fraktionsvorsitzende im bayerischen Landtag, Markus Rinderspacher (links) besuchen die Unglücksstelle in Bad Aibling, wo zwei Züge ineinanderrasten. "Das Land trauert und ist erschüttert", sagte Seehofer.
Das Zugwrack in Oberbayern: Bei dem Unglück waren am vergangenen Dienstag zwei Nahverkehrszüge auf der privat betriebenen Meridian-Strecke zwischen Holzkirchen und Rosenheim frontal zusammengestoßen.
Elf Menschen starben, mehr als 80 wurden zum Teil schwer verletzt.
52 der leichtverletzten Personen hätten Aussagen zum Unfallhergang gemacht, sagte Polizeipräsident Robert Kopp. Insgesamt seien 71 Fahrgäste vernommen worden.
"Der eine Zug hat sich in den anderen hineingebohrt", sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt, CSU.
Dobrindt sprach von einer "schweren Stunde in der Geschichte des Zugverkehrs in Deutschland".
Dobrindt (l.) und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann verschafften sich vor Ort einen Überblick.
Luftbild vom Unglücksort
Laut Innenminister Herrmann waren knapp 700 Einsatzkräfte vor Ort.
Zerstörter Zug: Betroffen sind zwei "Meridian"-Züge, die von der Bayerischen Oberlandbahn (BOB) betrieben werden.
Die Unglücksstelle ist schwer zugänglich. Die Rettungskräfte werden teilweise vom Technische Hilfswerk auf dem Wasserweg hingebracht.
Feuerwehrleute auf dem Weg zur Unfallstelle
Rettungskräfte bei Bad Aibling: Wegen der Faschingsferien, so die Polizei, waren die Züge nicht voll besetzt wie an normalen Werktagen. Etwa 150 Menschen sollen insgesamt in beiden Zügen gewesen sein.
Ein völlig zerstörter Waggon: Mehrere Personen sind schwerstverletzt.
Die Verletzten werden mit Hubschraubern in die umliegenden Krankenhäuser geflogen.
Das Unglück geschah gegen 6.50 Uhr. Die Strecke zwischen Holzkirchen und Rosenheim ist gesperrt.
Rettungshubschrauber nahe der Unglücksstelle: "Der Unfall ist ein Riesenschock für uns. Wir tun alles, um den Reisenden, Angehörigen und Mitarbeitern zu helfen", wird der Geschäftsführer der Bayerischen Oberlandbahn zitiert.
Laut Polizei wurden sämtliche Rettungskräfte aus der Region an der Unfallstelle zusammengezogen, um die Verletzten zu versorgen.