Gestorben Barbara Stamm, 77

Robert Brembeck / VISUM
Dass man für die »Leberkäs-Etage« da sei und nicht für die Prosecco-Schlürfer, dieser Vorsatz gehört seit Franz Josef Strauß zum rhetorischen Inventar der CSU. Die Belange der kleinen Leute im Freistaat vertrat indes kein christsozialer Spitzenpolitiker so glaubhaft wie Barbara Stamm – gerade weil sie das Soziale nicht auf griffige Slogans verkürzte. Die gelernte Erzieherin kam selbst aus einfachen bis schwierigen Verhältnissen: Ihre Mutter war gehörlos, der alkoholkranke Stiefvater verprügelte sie, das Mädchen lebte zeitweise bei Pflegeeltern und im Heim. Strauß holte die dreifache Mutter und Würzburger Stadträtin ins Kabinett, sie war dort Staatssekretärin, Sozialministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin. Nach zehn Jahren als Landtagspräsidentin schied Stamm 2018 aus dem Parlament aus, das Loslassen fiel ihr nicht leicht. »Ich hätte viel früher und viel lauter die Vernachlässigung der Mitte durch meine Partei angehen müssen«, so blickte Stamm im SPIEGEL selbstkritisch zurück. Mit den Parteigranden Horst Seehofer und Markus Söder lag die bekennende Katholikin zeitweise wegen deren harter Asylrhetorik über Kreuz. Stamms Tochter Claudia saß mehrere Jahre für die Grünen im bayerischen Landtag. Nun würdigte Ministerpräsident Söder Stamm als »bedeutendste Politikerin im Freistaat und Mutter Bayerns«. Bei allem Engagement für andere wusste Stamm ihr politisches Kapital auch für sich selbst einzusetzen: Sie galt als Stimmenkönigin der CSU und blieb 42 Jahre lang Abgeordnete. Barbara Stamm starb am 5. Oktober in Würzburg.