Brennende Barrikaden auf einer der Zufahrtstraße zum Braunkohledorf Lützerath in Nordrhein-Westfalen. Polizei und Klimaaktivisten treffen am Rande der Siedlung aufeinander. Das Schicksal von Lützerath steht schon seit Längerem im Zentrum heftiger Konflikte zwischen Politik und Klimaschützern – und ist dabei verknüpft mit den Debatten über einen Kohleausstieg. Lützerath gehört inzwischen vollständig dem Energiekonzern RWE und soll in Kürze abgebaggert werden. Die Klimaaktivisten wollen das verhindern und haben die verlassenen Häuser besetzt.
Florian Özcan, Pressesprecher »Lützerath bleibt«
»Jetzt gerade hier hat die Polizei heute angefangen mit den RäumungsVorbereitungen. Sie haben angefangen, hier mit RWE zusammen eine Straße zu bauen, um schweres Gerät hier reinzubringen. Und damit könnte man sagen, hat offiziell die Räumung hier begonnen oder die Räumungsphase. Dann ist auch ein bisschen überrascht und das war sehr spontan. Wir haben nicht damit gerechnet, dass heute schon so Straßenbauarbeiten anfangen und die Polizei hier auch gleich mit schwerem Gerät auffährt.«
Andreas Müller, Polizeisprecher
»Wir haben festgestellt heute Morgen, dass es natürlich zu Reaktionen kam, als man die polizeiliche Präsenz festgestellt hat. Wir haben klar gemacht und transparent gemacht, dass wir ab Anfang Januar da sind, um polizeiliche Logistik aufzubauen. Genau damit haben wir auch begonnen. Im Zuge dessen ist es jetzt dazu gekommen, dass hier die Zufahrtsstraße nach Lützerath verbarrikadiert wurde. Wir haben da heute Morgen brennende Strohballen vorgefunden und Barrikaden. Diese müssen wir räumen, um unsere Logistik aufbauen zu können, um unsere Infrastruktur aufbauen zu können. Wir betonen aber an dieser Stelle, dass das noch nicht der Beginn der Räumung von Lützerath ist.«
Das Dorf Lützerath grenzt an den Braunkohletagebau Garzweiler II, der vom Energiekonzern RWE betrieben wird. Anfang Oktober 2022 verkündete die Bundesregierung, dass man den Kohleausstieg im Rheinischen Braunkohlerevier zwar auf 2030 vorziehen wolle. Lützerath, hieß es, müsse aber dennoch abgebaggert werden.
Lukas Eberle, DER SPIEGEL
»Im Moment gerade ist es so, dass in Lützerath rund 100, 200 Aktivistinnen und Aktivisten leben. Diese Zahl wird sich in den kommenden Tagen mutmaßlich stark erhöhen. Die Aktivisten sind jetzt auch darauf aus, zu mobilisieren. Sie machen Aufrufe: Kommt alle nach Lützerath, zeigt Präsenz, helft uns, die Räumung zu verhindern oder zumindest so schwer wie möglich zu machen. Und man versucht jetzt so viele Leute wie möglich nach Lützerath zu bekommen. Ja, das könnten ein paar 100, vielleicht auch ein paar 1000 werden. Es ist schwierig zu sagen, hängt natürlich auch davon ab, wie das Wetter wird, ob es so bleibt wie gerade oder ob es noch mal richtig knackig kalt wird. Das könnte dann auch den Räumungseinsatz erschweren oder vielleicht sogar verzögern. Wenn es richtig Minusgrade bekommt, dann können die Geräte da auch nicht mehr richtig arbeiten. Das hat die Polizei schon angekündigt und dann wäre das Ganze wieder verzögert.«
RWE teilte mit, am Montag seien drei Landstraßen bei Lützerath dauerhaft gesperrt worden. Laut Polizei und Klimaschützern untersagten die Beamten am Montag Autofahrten nach Lützerath. Der Ort war damit nur noch zu Fuß zu erreichen. Mit einer Räumung wird noch im Januar gerechnet.
Lukas Eberle, DER SPIEGEL »Man hat nicht so viel Zeit, das könnte noch ein entscheidender Faktor sein. Also man muss dann bis spätestens Mitte Februar fertig sein, weil dann ist auch die Saison im März zu Ende und dann dürfen auch keine tagebauvorbereitenden Maßnahmen mehr getroffen werden, keine Bäume gefällt werden. Das heißt, man ist schon ein bisschen unter Zeitdruck, das könnte noch ein Faktor sein. Also wenn es die Aktivistinnen und Aktivisten wirklich schaffen, bis Ende Februar das alles zu verzögern, dann müsste RWE und dann müsste die Polizei noch mal bis Oktober warten, bis man wieder dort anrücken könnte und dann wäre sehr viel Zeit vergangen. Das ist vielleicht noch eine Option, die Räumung zu verhindern für die Aktivisten. Aber ansonsten würde ich sagen, ist es eher wahrscheinlich, dass der Ort bald Geschichte ist.«