Geplante Abwerbung von Lehrkräften Bayerischer Elternverband rechnet mit Söder ab

»Unverantwortlich, was Bayern da macht«: Schülerinnen und Schüler in Oberbayern
Foto: Tobias Hase/ dpaDie von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) angekündigte Abwerbeaktion von Lehrerinnen und Lehrern aus anderen Bundesländern stößt bei Fachleuten, aber auch bei Eltern auf massive Kritik. Söder hatte bei einer Klausur der CSU-Landtagsfraktion gesagt, er wolle wegen des heimischen Lehrermangels 6000 neue Lehrerstellen schaffen. Weil es diese Kräfte auf dem Arbeitsmarkt derzeit aber nicht gibt, will der Ministerpräsident dem pädagogischen Personal in anderen Bundesländern die Vorzüge Bayerns verdeutlichen und auch Hilfen zum Umzug zahlen.
Bildungsexperten kritisieren die Ankündigung scharf. »Ich halte es für unverantwortlich, was Bayern da macht. Dass ein Land so explizit ein Umzugs- und Anreizpaket auflegt, ist ein Dammbruch«, sagte Bildungsforscher Dirk Zorn von der Bertelsmann Stiftung im Interview mit der »Augsburger Allgemeinen« .
Zorn betonte, der Lehrkräftemangel sei eine deutschlandweite Herausforderung, die auch nur gemeinsam gelöst werden könne. Durch Söders Pläne »erodiert alles Vertrauen darauf, dass wir uns als Land dieser Aufgabe gemeinsam stellen und allen Kindern Teilhabechancen und gute Bildung ermöglichen«. Söders Pläne hatten auch in anderen Bundesländern Kritik hervorgerufen, da die Länder eigentlich verabredet hatten, auf derartige Abwerbekampagnen zu verzichten.
»Bisher kaum mehr als Geringschätzung«
Mit beißender Ironie äußerte sich auch der Bayerische Elternverband (BEV). In einem offenen Brief an Söder heißt es: »Für die Bildung anderer Bundesländer hatten Sie bisher kaum mehr als Geringschätzung übrig. Angesichts dessen sollten Sie sich schämen, nun, in der Not, im einst naseberümpften bayerischen ›Ausland‹ nach Lehrkräften zu angeln.«
BEV-Vorsitzender Martin Löwe schreibt weiter: »Sie glauben aber, mit Hinweis auf die hohen Beiträge Bayerns zum Länderfinanzausgleich gewissermaßen ein Recht darauf zu haben. Dafür schämen wir bayerischen Eltern uns an Ihrer Stelle.« Bayern habe »jahrzehntelang« Geld aus dem Finanzausgleich erhalten und es nur mit solidarischer Hilfe aus dem Norden geschafft, sich vom armen Agrarland zum reichen Industriestandort zu entwickeln.
Bildungsforscher Dirk Zorn plädiert dafür, dass sich die Bundesländer ihre Lehrkräfte nicht gegenseitig abspenstig machen, sondern stattdessen bisher ungenutzte Potenziale heben. So könnten die Abschlüsse zugewanderter Lehrerinnen und Lehrern leichter anerkannt werden.
Weitere Möglichkeiten sieht Zorn mit Blick auf Bayern auch bei Quereinsteigern – denn die gebe es im Freistaat, anders als in anderen Bundesländern, deutlich seltener. In Bayern seien noch Kapazitäten da, um diese Personen gut zu begleiten, sagte Zorn.