DGB-Jugend kritisiert Regierung Diese drei Dinge laufen schief beim Bafög

Zu wenig Geld für immer weniger Studierende: Die Jugend des Deutschen Gewerkschaftsbunds stellt dem Bafög ein miserables Zeugnis aus – und legt einen Bericht vor, der Sache der Bundesregierung gewesen wäre.
»Vom Aufstiegsversprechen ist heute nicht mehr viel übrig«: Die Gewerkschaftsjugend mahnt die Bundesregierung

»Vom Aufstiegsversprechen ist heute nicht mehr viel übrig«: Die Gewerkschaftsjugend mahnt die Bundesregierung

Foto: Sean Gallup/ Getty Images

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Eigentlich sollte die Bundesregierung alle zwei Jahre einen Bafög-Bericht vorlegen, zur Situation der Studierenden und zu den aktuellen Entwicklungen bei der Studienfinanzierung. Doch der aktuellste Bericht stammt von 2017 – der neue ist damit zwei Jahre überfällig. »Die Bundesregierung kommt ihrer Berichtspflicht regelmäßig nicht nach«, sagt Manuela Conte, Bundesjugendsekretärin beim Deutschen Gewerkschaftsbund.

Die DGB-Jugend hat deshalb für 2021 einen »Alternativen Bafög-Bericht« verfasst, um Fehlentwicklungen und Reformbedarf der staatlichen Studienfinanzierung aufzuzeigen. Beim Blick auf die Förderdaten zeige sich, »dass trotz substanzieller Verbesserungen die zurückliegende Reform nicht ausreichend war«, heißt es in dem noch unveröffentlichten Report, der dem SPIEGEL vorliegt.

Die nächsten Reformschritte müssten deshalb dringend eingeleitet werden. Die DGB-Jugend nennt mehrere Kritikpunkte an der derzeitigen Bafög-Politik:

  • Dass der gesetzlich vorgesehene offizielle Bericht nicht vorgelegt wird, behindere die Entwicklung neuer Reformideen. Denn der Regierungsbericht zur Studienfinanzierung sei die »wichtigste Grundlage für die generelle Verbesserung und die Anpassung der Ausbildungsförderung an Preis- und Lohnentwicklungen«. Erscheint der Bericht nicht oder nur verspätet, verzögere sich entsprechend die Anpassung – mit direkten finanziellen Folgen für die Studierenden.

  • Die Bedarfssätze seien viel zu niedrig kalkuliert – eine Kritik, die vom Deutschen Studentenwerk geteilt wird. Im alternativen Bafög-Bericht schreiben die Autorinnen und Autoren, dass etwa ein WG-Zimmer im Durchschnitt 403 Euro koste. Die aktuell gültige Wohnpauschale für Bafög-Empfänger beträgt dagegen 325 Euro.

  • Seit Jahren sinken die Förderzahlen, immer weniger junge Menschen erhalten Bafög. »Im Vergleich zum Jahr 2015 wurden 27 Prozent weniger Schüler_innen und 21 Prozent weniger Studierende gefördert«, heißt es in dem DGB-Bericht. In der Sekundarstufe II an allgemeinbildenden Schulen werde nur noch ein Prozent der Schülerinnen und Schüler gefördert.

Für den Staat bedeutet das deutliche Einsparungen durch weniger Bafög-Ausgaben. »Sie sanken zwischen 2015 und 2019 um 350 Millionen Euro, während das Bruttoinlandsprodukt um 432 Milliarden Euro und die Gesamtausgaben des Bundes um 45 Milliarden Euro stiegen«, rechnen die Autorinnen und Autoren vor. Das sei eine »Depriorisierung der Aufgabe Bildungsförderung«.

Eigentlich habe das Bafög mal der Chancengleichheit im Bildungssystem dienen sollen, sagte Elke Hannack, stellvertretende DGB-Vorsitzende: »Von diesem Aufstiegsversprechen ist heute nicht mehr viel übrig.« Deutschland könne und dürfe es sich nicht leisten, Arbeiterkinder von ihren Bildungschancen abzuschneiden.

DGB-Bundesjugendsekretärin Manuela Conte unterstrich gegenüber dem SPIEGEL, dass die soziale Herkunft nicht über die Bildungschancen entscheiden dürfe: »Wir brauchen schnellstens ein besseres Bafög.« Sie hoffe, »dass das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ein deutliches Signal für die Bundesregierung ist, endlich die Bedarfssätze im Bafög angemessen zu gestalten«.

Das Gericht hatte Ende Mai einen Fall ans Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe verwiesen. Die obersten Verwaltungsrichter machten dabei deutlich, dass sie die Bafög-Sätze für verfassungswidrig niedrig halten. Insbesondere Studierendenvertreter erhoffen sich von dem Verfahren ein deutliches Signal für eine baldige Bafög-Erhöhung. Dass es überhaupt zu einem solchen Verfahren gekommen sei, sei ein »Armutszeugnis« für die Bundesregierung, sagte Manuela Conte.

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