Einsatz in "systemrelevanten" Bereichen
Anreize für Bafög-Empfänger
Die Regierung will Studierenden und Wissenschaftlern in der Coronakrise mit Neuregelungen helfen - offenbar nicht nur aus uneigennützigen Gründen. Wer in Kliniken oder Kitas hilft, soll zumindest nicht benachteiligt werden.
Campus in Vor-Corona-Zeiten: In der Krise will das Kabinett Studierenden und Wissenschaftlern helfen
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Die Unis sind dicht, die Lehre läuft erst mal allenfalls digital: Der Shutdown wegen der Coronakrise hat massive Auswirkungen für Studierende und Wissenschaftler. Die Regierung hat deshalb am Mittwoch ein weiteres Gesetzespaket auf den Weg gebracht, um einerseits Belastungen abzufedern und andererseits Anreize zu schaffen, sich in sogenannten systemrelevanten Bereichen zu engagieren.
Studierende, die sich in der Coronakrise in systemrelevanten Branchen wie etwa Kliniken, Pflegeheimen oder Kitas engagieren und dort jobben, sollen keine Einbußen beim Bafög hinnehmen. Sie sollen die volle Förderung behalten. Der Verdienst soll nicht angerechnet werden.
Ursprünglich war nur vorgesehen, den Verdienst nach weniger strengen Regeln als sonst auf das Bafög anzurechnen. Die Maßnahme war zudem vor allem für Medizin-Studierende gedacht, die in Kliniken aushelfen. Nun soll das zusätzliche Einkommen komplett von der Anrechnung ausgenommen und auf andere Branchen ausgeweitet werden.
Karliczek teilt dazu mit: "Viele junge Menschen wollen mit anpacken - das wollen wir honorieren und erleichtern."
Für Wissenschaftler sollen Regeln zur Befristung von Verträgen gelockert werden, sodass beispielsweise Forschungsprojekte, die sich wegen der aktuellen Ausnahmesituation verzögern, weitergeführt werden können. Beschäftigungsverhältnisse zur eigenen Qualifizierung - also etwa bei Doktoranden - , die zwischen dem 1. März 2020 und dem 30. September 2020 bestehen, können zusätzlich um sechs Monate verlängert werden, wie das Bundesbildungsministerium mitteilt.
Die geplanten Neuerungen sollen demnach als Gesetzesentwurf der Großen Koalition kurzfristig in den Bundestag eingebracht und beschlossen werden. Sie sollen dann rückwirkend zum 1. März 2020 in Kraft treten.
Vom Koalitionspartner SPD kam Lob für Karliczeks Vorstoß, aber aus Sicht von Bildungspolitiker Oliver Kaczmarek reichen die Hilfen längst nicht: "Wer akut in Not gerät, weil die Eltern in Kurzarbeit müssen oder weil der eigene Nebenjob verloren geht, muss schnell und vereinfacht Zugang zum Bafög oder zu einem Härtefallfonds bekommen", sagte er.
So sieht das auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). Er fordert einen Notlagenfonds, "der eine schnelle und unbürokratische Hilfe für alle in Not geratenen Studierenden ermöglicht".
"Trippelschritte der Ministerin reichen nicht aus"
In diesem Punkt stimmt auch die Opposition zu - und übt harsche Kritik an Karliczek: "Die symbolischen Trippelschritte der Ministerin reichen nicht länger aus", teilt Jens Brandenburg, hochschulpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, mit. Der Vorschlag der Ministerin greife viel zu kurz. "Das größte Finanzierungsproblem haben nun diejenigen, die gar kein Bafög erhalten."
Ein großer Teil der Nicht-Bafög-Empfänger sei bisher auf Nebenjobs angewiesen, um ihr Studium zu finanzieren. Viele dieser Jobs fielen nun weg - und Hartz IV für Studierende, wie das Bildungsministerium angesichts der Krise vorgeschlagen hatte, sei keine Lösung, so Brandenburg.
"Wir brauchen einen unbürokratischen Härtefallfonds, über den die Studentenwerke in Not geratenen Studierenden mit Zuschüssen und Darlehen helfen können", fordert der FDP-Politiker. "Das Geld steht bereit. 900 Millionen Euro der Bafög-Mittel wurden letztes Jahr nicht verausgabt." Ähnliche Forderungen hatte auch das Deutsche Studierendenwerk erhoben.
Zu den Neuregelungen für Wissenschaftler teilte Thomas Sattelberger, bildungspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, mit: Zwölf Monate wären "ein stärkeres Signal gewesen" als eine Verlängerung um sechs Monate. Die Forschungsministerin "sollte jetzt nicht kleckern, sondern klotzen".