Coronapandemie Schüler, Eltern und Wirtschaftsvertreter fordern Recht auf digitale Bildung

Grundschüler beim Homeschooling (Symbolbild)
Foto: U. J. Alexander / IMAGODie Bundesschülerkonferenz, der Bundeselternrat und der Digitalverband Bitkom drängen auf politische Konsequenzen aus der Coronapandemie. Gemeinsam fordert das Bündnis ein Recht auf digitale Bildung. Der Anspruch auf digitale Teilnahme am Schulunterricht und weiteren Bildungsangeboten müsse einklagbar sein, erklärten die drei Organisationen am Donnerstag in Berlin.
Bitkom-Präsident Achim Berg verwies darauf, dass Kinder und Jugendliche einen Anspruch auf schulische Bildung haben. »Die Realität in der Pandemie sah anders aus: Statt Distanzunterricht gab es in vielen Fällen überhaupt keinen Unterricht. Es existieren keine bundesweiten Mindeststandards, und auch ein langfristiges Finanzierungskonzept fehlt.«
Es gehe nicht darum, den Schulbesuch vor Ort zu ersetzen, sondern mit einem zusätzlichen Angebot zu flankieren. »Schülerinnen und Schüler haben auch dann ein Recht auf Bildung, wenn sie krank sind oder aus anderen Gründen nicht am Unterricht teilnehmen können«, sagte Katharina Swinka, Generalsekretärin der Bundesschülerkonferenz.
Christiane Gotte, Vorsitzende des Bundeselternrats, beklagte, dass es während der Pandemie nicht nur an technischer Ausstattung gefehlt habe. »Es waren auch keine pädagogischen Mindeststandards für den Distanzunterricht festgelegt. Somit konnte in Deutschland kein flächendeckend qualitativ hochwertiger Distanzunterricht stattfinden.« Ziel müsse es sein, Defizite gar nicht erst entstehen zu lassen. »Dazu kann ein Recht auf digitale Bildung unbedingt beitragen, in dem Teilhabe im Vorfeld sichergestellt wird, wo Präsenz nicht möglich ist, nach der Pandemie zum Beispiel durch digitale Beschulung bei Unterrichtsausfällen und Krankheit.«
Ein vom Bitkom in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten der Sozietät Redeker Sellner Dahs kam zu dem Ergebnis, dass für ein Recht auf digitale Bildung weder Grundgesetz noch Landesverfassungen geändert werden müssten. Die Vorgaben des Grundgesetzes stünden dem neuen Anspruch nicht entgegen, sofern der Grundsatz des Präsenzunterrichts nicht infrage gestellt, sondern ergänzt werde. Das Recht solle sich nicht nur auf den Schulbetrieb beziehen, sondern auch auf Hochschulen und Weiterbildungsangebote.
Auch das Bundesverfassungsgericht habe im Kontext der Pandemieschutzmaßnahmen so argumentiert und ein Recht auf digitale Bildung befürwortet. »Aber außerhalb der Pandemiesituation gibt es das Recht bislang nicht«, sagte Gutachter Cornelius Böllhoff.
Der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann, sagte nach der Vorstellung des Gutachtens hingegen, es brauche keinen derartigen Rechtsanspruch. Entscheidend sei der grundsätzliche Rechtsanspruch auf Bildung, den das Bundesverfassungsgericht formuliert habe. Zu klären sei, was »gute« Bildung sei. Dieser Standard habe dann für alle Bildungsangebote zu gelten, egal, ob analog oder digital.
Sowohl der VBE als auch die drei Organisationen sprachen sich für eine verbesserte Digitalisierung an Schulen aus. Die Umsetzung des Digitalpakts Schule müsse vereinfacht werden, hieß es bei der Vorstellung des Rechtsgutachtens. Schulen und Schulträger scheiterten oft an den bürokratischen Hürden, vor allem an der geforderten Erstellung von komplizierten Medienplänen. Rund drei Jahre nach dem Start des Programmes für die Digitalisierung von Deutschlands Schulen wurden nur knapp zehn Prozent der fünf Milliarden Euro ausgegeben.