Corona-Shutdown
Pisa-Chef plädiert für Präsenzunterricht in Grundschulen
»Sehr vernünftig«, »Präsenzunterricht nicht ersetzbar«: Die Befürworterinnen schneller Schulöffnungen erhalten Rückendeckung aus der Spitze der OECD. Doch einzelne Schulleitungen sträuben sich.
Kinder in der Grundschule (in Neumünster, Archivbild)
Foto: Frank Molter/ picture alliance/dpa
Pisa-Koordinator Andreas Schleicher, Bildungsdirektor der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), hat sich in die Debatte über Schulschließungen eingeschaltet. Insbesondere in Berlin und Baden-Württemberg, aber auch in anderen Bundesländern wird derzeit darüber gestritten, ob Präsenzunterricht bereits ab kommendem Montag wieder vertretbar ist.
Schleicher sagte, er halte die Pläne des Berliner Senats zur schrittweisen Schulöffnung trotz des verlängerten Shutdowns für richtig. »Es sind immer schwierige Abwägungen. Aber gerade in den ersten Schul- und Lebensjahren ist der Präsenzunterricht einfach nicht ersetzbar«, sagte der Bildungsforscher dem rbb-Inforadio.
»Insofern ist der Ansatz in Berlin, wenn das die Gesundheitslage zulässt, sehr vernünftig, dass man gerade bei den kleinsten Kindern schnell anfängt, auch in begrenzten Klassen.« Bildung sei immer Beziehungsarbeit und nicht nur Wissensvermittlung, sagte Schleicher.
Der Berliner Senat hatte am Mittwoch beschlossen, ab 11. Januar schrittweise zumindest wieder Wechselunterricht anzubieten, also eine Kombination aus Lernen zu Hause und in den Schulen in kleinen Gruppen. Den Anfang sollen die Abschlussjahrgänge machen. Eine Woche später sollen Grundschüler der Klassen 1 bis 3 folgen.
Nach den Winterferien, so die Hoffnung, soll der Präsenzunterricht ab dem 15. Februar dann für alle wieder regulär wie vor dem Shutdown laufen. Die Pläne riefen Kritik etwa bei der Lehrergewerkschaft GEW, Eltern- und Schülervertretern hervor.
Protest der Schulleitungen
Einem Bericht der rbb-Abendschau zufolge gibt es auch bei einigen Schulleitungen erhebliche Widerstände gegen die Pläne. So hätten mehrere Gymnasien im Stadtteil Neukölln gegenüber der Bildungsverwaltung protestiert und gefordert, den Distanzunterricht bis mindestens 18. Januar zu verlängern. Alles andere sei zu riskant und nicht vermittelbar, heißt es demnach in dem Eilantrag der Gymnasien. Eine Schulleiterin in Treptow-Köpenick habe sogar angekündigt, ihre Einrichtung am Montag entgegen der Vorgabe des Senats nicht zu öffnen.
Schleicher sagte, man könne zumindest bei Grundschülern kein selbstständiges Lernen zu Hause erwarten. Schon deshalb sei in den ersten Schuljahren Präsenzunterricht nötig. Hier könne digitale Wissensvermittlung also »nicht sehr viel erreichen«. Bei höheren Jahrgängen hingegen könnten Wechselunterricht und Digitalisierung mehr bringen.
Schleicher forderte bundesweit so viel Ersatzunterricht wie möglich und Zusatzangebote in den Ferienzeiten. »Jetzt einfach zu sagen, das Schuljahr ist verloren und wir setzen das einfach irgendwann obendrauf, ist keine akzeptable Lösung.«