Coronaschutz im Klassenzimmer Hamburgs Schulsenator bezeichnet Einbau von Luftfiltern als Augenwischerei

Hamburgs Schulsenator Ties Rabe, Sprecher der SPD-geführten Kultusministerien, hält die Diskussion über den schnellen Einbau von Luftreinigern in Schulen für überflüssig: Um alle Klassenzimmer in Deutschland auszustatten, bräuchte man mehrere Jahre.
»Schwer zu erklären, warum der Schulbetrieb auch noch von Luftfiltern abhängen soll«: Luftfiltergerät in einem Berliner Gymnasium

»Schwer zu erklären, warum der Schulbetrieb auch noch von Luftfiltern abhängen soll«: Luftfiltergerät in einem Berliner Gymnasium

Foto: Bernd Friedel / imago images

Für Ties Rabe, den SPD-Schulsenator in Hamburg, ist der Streit über den Einbau von Luftfiltern in möglichst alle Klassenzimmer eine Scheindebatte. Rabe, der auch Sprecher der Kultusminister der SPD-geführten Länder ist, verwies auf die bereits bestehenden umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen an Schulen: Hygieneregeln, Maskenvorgaben, Testpflichten, die Impfmöglichkeit für die Beschäftigten und die Vorgabe, Räume alle 20 Minuten zu lüften.

»In keinem anderen Lebensbereich gelten so weitgehende Sicherheitsmaßnahmen wie in den Schulen«, sagte Rabe der Deutschen Presse-Agentur. »Es ist schwer zu erklären, warum trotz dieser Maßnahmen der Schulbetrieb auch noch von Luftfiltern abhängen soll, die in anderen Lebensbereichen mit weniger strengen Schutzmaßnahmen – beispielsweise in Einzelhandel, Freizeitangeboten oder Gastronomie – keineswegs vorgeschrieben sind.«

Der Bund fördert seit Kurzem den Einbau fester Luftfilteranlagen in Klassenräumen für Kinder bis zwölf Jahre, weil für sie noch keine Impfung möglich ist. Auf dieses Programm hatten Regierungsvertreter mit Blick auf mögliche Investitionen in den Sommerferien hingewiesen. Schulleitungen und Kommunen hatten dagegen kritisiert, das Programm sei wegen der engen Förderrichtlinien für viele Schulen gar nicht zu nutzen.

Luftfilter-Programm nur Augenwischerei?

Rabe sagte jetzt, die Förderung helfe zweifellos dem Schulbau, sei in Sachen Corona aber Augenwischerei. »Um solche stationären Anlagen einzubauen, müssten alle rund 500.000 Klassen- und Unterrichtsräume aufwendig umgebaut werden – einschließlich Wanddurchbrüchen, Verputz- und Maurerarbeiten sowie der Installation von Elektro- und Rohrleitungssystemen.« Selbst bei größter Anstrengung würde der Einbau in den Schulen in Deutschland mehrere Jahre dauern.

Die Wirkung von mobilen Luftfiltern, über die seit Monaten immer wieder diskutiert wird, ist umstritten. Das Umweltbundesamt empfahl die Geräte zunächst nur als Ergänzung fürs Fensterlüften. In einer Richtlinie für den Schulbetrieb unter Coronabedingungen  hatten medizinische Fachgesellschaften, Robert Koch-Institut, Bildungs- und Kinderschutzverbände weder eine klare Empfehlung für noch gegen die Geräte ausgesprochen. Eltern dagegen fordern den Einbau immer wieder.

Die Bundesländer gehen mit der Situation ganz unterschiedlich um. Während die bayerische Staatsregierung ihre Kommunen unter Druck setzt, um möglichst schnell alle Klassenzimmer entsprechend auszustatten, geben sich Länder wie Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen deutlich zurückhaltender. Und in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen treten die Landesregierungen sogar gezielt auf die Bremse: »Die Empfehlungen des Umweltbundesamts lassen sich zugespitzt folgendermaßen zusammenfassen: Der beste Luftreiniger ist das geöffnete Fenster«, heißt es etwa im Kultusministerium in Erfurt.

Ties Rabe fordert von der Bundesregierung daher eindeutige Aussagen zum Thema. Sollten sich die medizinischen Einschätzungen zu mobilen Luftfiltern ändern, solle der Bund auch ein entsprechendes Förderprogramm auflegen – auch wenn für die Ausstattung der Schulgebäude eigentlich die Kommunen zuständig sind.

him/dpa
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