Gymnasialverbände zur Umsetzung des Digitalpakts »Gut gemeint, aber schlecht gemacht«

Der Philologenverband und die Bundesdirektorenkonferenz der Gymnasien sehen deutliche Defizite bei der Umsetzung des Digitalpakts. Dabei schneidet die Schulform bei der Ausstattung noch verhältnismäßig gut ab.
Laptops und Tablets im Unterricht: »Der Digitalpakt hat eine Wunde offengelegt, die es an den Schulen schon immer gab«

Laptops und Tablets im Unterricht: »Der Digitalpakt hat eine Wunde offengelegt, die es an den Schulen schon immer gab«

Foto: Marijan Murat / dpa

Gut drei Jahre nach dem Start des Digitalpakts Schule äußern sich Schulleitungen an Gymnasien enttäuscht über die Umsetzung. Das Antragsverfahren sei nach wie vor zu kompliziert. Das ergab eine Umfrage unter 356 Schulleiterinnen und -leitern an Gymnasien aus acht Bundesländern, die der Deutsche Philologenverband mit der Bundesdirektorenkonferenz der Gymnasien durchgeführt hat. 80 Prozent der Befragten gaben demnach an, dass sich das Verfahren nicht vereinfacht habe.

»Der Digitalpakt hat eine Wunde offengelegt, die es an den Schulen schon immer gab«, sagte Arnd Niedermöller, Vorsitzender der Bundesdirektorenkonferenz. Die Schulleitungen würden zwischen den vielen zuständigen Akteuren vom Schulträger über die Kommunen, das Bundesland und den Bund aufgerieben.

Es reiche nicht, einfach Geld zur Verfügung zu stellen, die Betroffenen müssten bei der Umsetzung stärker mitgedacht werden. »Die Gemeinden empfinden Geld vom Bund nicht als Segen, sondern als zusätzliche Arbeit, für die sie keine personellen Ressourcen haben«, so Niedermöller. »Der Digitalpakt ist gut gemeint, aber schlecht gemacht.«

Laut der Umfrage haben knapp zehn Prozent der Gymnasien noch keine Mittel aus dem Paket erhalten, mit dem die Bundesregierung über einen Zeitraum von fünf Jahren 6,5 Milliarden Euro in die technische Aufrüstung von Schulen fließen lassen will. 20 Prozent der Schulleiterinnen und -leiter geben an, dass noch nicht alle Lehrkräfte an ihrer Schule ein digitales Endgerät bekommen haben. Bei der Ausstattung der Referendare sehe es noch schlechter aus: Hier gaben 44 Prozent der Befragten an, dass ihre Lehramtsanwärter bislang kein Gerät erhalten haben.

Auch beim IT-Support gebe es Nachholbedarf: 14 Prozent der Befragten gaben an, dass sich an ihren Schulen noch ausschließlich Lehrkräfte nebenbei um die Instandhaltung der IT kümmern. Knapp 85 Prozent der Schulleitungen erhielten aber zusätzliche Hilfe von professionellen externen Dienstleistern. Nur fünf der insgesamt 356 befragten Schulleitungen konnten sagen, dass an ihren Schulen ausschließlich professionelle externe IT-Dienstleister zum Einsatz kommen.

34 Prozent der Schulleitungen gaben an, dass an ihrer Schule keine stabile Datenverbindung verfügbar sei, knapp die Hälfte bezeichnete die Datenverbindung als nicht ausreichend.

Gymnasien schneiden verhältnismäßig gut ab

Allerdings zeigt die Umfrage, an der sich gemessen an der bundesweiten Anzahl der Gymnasien über zehn Prozent der Leitungen beteiligt haben, dass es in Sachen Digitalisierung vorangeht – und dass die Gymnasien dabei verhältnismäßig gut abschneiden. Denn laut den jüngsten verfügbaren Zahlen zum Digitalpakt profitierten bundesweit erst rund 20.000 Schulen vom Digitalpakt – das ist etwa die Hälfte aller Schulen in Deutschland.

»Der Digitalpakt nimmt weiter an Fahrt auf, aber das Tempo stimmt noch nicht«, sagte Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger im September bei der Veröffentlichung der Zahlen zum Stand der Umsetzung. Die Bundesländer melden die Daten halbjährlich an das Ministerium. »Das ist eine Steigerung von 25 Prozent im Vergleich zu vor sechs Monaten«, so Stark-Watzinger.

Am erfolgreichsten waren demnach zwei Sonderprogramme, die Bund und Länder im Zuge der Coronapandemie beschlossen hatten: Im Sofortausstattungsprogramm zur Anschaffung von Leihgeräten für Schülerinnen und Schüler wurden im Sommer demnach bereits 495 Millionen Euro von den zur Verfügung stehenden 500 Millionen Euro abgerufen, für die Anschaffung von Leihgeräte für Lehrkräfte flossen demnach knapp 483 Millionen Euro von den zur Verfügung stehenden 500 Millionen Euro ab. Das Zusatzprogramm für Administratoren lief hingegen schleppend, hier wurden bis zum Sommer rund 18 Millionen von den zur Verfügung stehenden 500 Millionen Euro abgerufen.

sun
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