Dortmund
Versuchter Mord an Lehrer - 17-Jähriger zu drei Jahren Jugendhaft verurteilt
Weil er ein Mordkomplott gegen seinen Lehrer schmiedete, soll ein Dortmunder Schüler ins Gefängnis. Er soll den Pädagogen zusammen mit zwei Komplizen in einen Hinterhalt gelockt haben.
Landgericht Dortmund: Richter verurteilten Schüler wegen versuchten Mordes an Lehrer
Foto: Bernd Thissen/ dpa
Nach einem geplanten Anschlag auf einen Lehrer in Dortmund hat das Landgericht einen 17-Jährigen unter anderem wegen versuchten Mordes zu einer Jugendstrafe in Höhe von drei Jahren verurteilt. Das bestätigte ein Gerichtssprecher dem SPIEGEL. Die Strafe kann nicht auf Bewährung ausgesetzt werden, das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig.
Die Verhandlung gegen den 17-Jährigen und zwei weitere Angeklagte im Alter von 18 und 19 Jahren hatte unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden. Der 18-Jährige muss wegen Beihilfe zum versuchten Mord einen dreiwöchigen Jugendarrest verbüßen und außerdem hundert Sozialstunden ableisten. Den dritten Angeklagten sprachen die Richter hinsichtlich des Mordkomplotts frei, weil er nach Ansicht der Richter aus freien Stücken von der Tat zurückgetreten war.
Die drei Angeklagten sollen den Chemielehrer Wolfgang Wittchow im Mai 2019 unter einem Vorwand in einen Hinterhalt gelockt haben, um ihn mit einem Hammer zu erschlagen. Sie täuschten einen Notfall auf einem Parkplatz vor und baten den Lehrer um Hilfe. Der Pädagoge war jedoch misstrauisch und drehte vorsichtshalber keinem der Jungen den Rücken zu. Auch deshalb soll es nicht zu dem Angriff gekommen sein.
Hauptangeklagter plante zweiten Versuch
"Ich dachte ja die ganze Zeit, die wollen mir aufs Maul hauen", sagte Wittchow später zu Kollegen, so schilderte er es wenige Wochen nach dem Vorfall dem SPIEGEL. (Lesen Sie mehr dazu hier.) Von dem mutmaßlichen Mordkomplott gegen ihn erfuhr der Lehrer demnach beim Elternsprechtag von einem weiteren Schüler. Der 17-jährige Hauptangeklagte soll sich über schlechte Noten des Lehrers geärgert und sich ungerecht von ihm behandelt gefühlt haben.
Der Hauptangeklagte, zum Tatzeitpunkt 16 Jahre alt, plante demnach noch einen zweiten Versuch. Das Gericht verurteilte ihn dem Sprecher zufolge deshalb auch wegen einer Bereitschaftserklärung zur Begehung eines Verbrechens. Die beiden anderen Angeklagten seien auf seine zweite Aufforderung, die Tat zu vollenden, aber nicht eingegangen.
Der Mordversuch hatte vor einem Jahr großes Entsetzen ausgelöst. Dass er in einigen Kreisen dazu diente, Stimmung gegen Menschen mit Migrationshintergrund zu machen, wollte Wittchow damals nicht hinnehmen. In einem eindringlichen Appell rief er dazu auf, sich nicht an "rechter Hetze" zu beteiligen. Die versuchte Gewalttat sei "eine Frage des Charakters" und habe nichts mit "Migrationshintergrund oder Religion" zu tun.
Wittchow, der sich dem Verfahren als Nebenkläger angeschlossen hatte und deshalb jeden Verhandlungstag im Saal verfolgen durfte, zeigte sich anschließend auf dem Gerichtsflur zufrieden und erleichtert. "Ich kann mit diesem Urteil sehr gut leben." Die Tatsache, dass die Richter den Hauptangeklagten zu einer Gefängnisstrafe verurteilt hätten, sei ein wichtiges Signal für ihn und seine Kollegen.