»Kulturvandalismus« Kritik an Großbritanniens Erasmus-Ausstieg wächst

Universität in Oxford (Archivbild)
Foto: Oli Scarff/ Getty ImagesGerhard Dannemann hat die Entscheidung Londons kritisiert, künftig nicht mehr am europäischen Studierendenaustauschprogramm Erasmus teilzunehmen. Alle Seiten hätten von dem Programm zur Förderung von Auslandsaufenthalten an Universitäten stark profitiert, sagte der Leiter des Großbritannien-Zentrums an der Berliner Humboldt-Universität am Samstag im Deutschlandfunk .
Die Zukunftsfähigkeit der Europäischen Union und Großbritanniens hänge auch von Erasmus ab, so Dannemann. Er monierte, offensichtlich könne man mit Belangen der Fischerei mehr punkten als mit der Hochschulbildung und dem Austausch von Studierenden. Dannemann äußerte die Hoffnung, dass das Erasmus-Programm gegebenenfalls mit Schottland weitergeführt werden könne.
Auch in Großbritannien war der Ausstieg des Landes aus dem Erasmus-Programm nach dem endgültigen Vollzug des Brexits auf klare Kritik gestoßen. Die europafreundliche schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon und ihr walisischer Kollege Mark Drakeford warfen der britischen Regierung deswegen »Kulturvandalismus« vor. Großbritannien hatte zum Jahreswechsel elf Monate nach dem politischen auch den wirtschaftlichen Bruch mit der EU vollzogen.
Das Austauschprogramm Erasmus gibt es seit 1987. Seitdem wurden rund fünf Millionen Studierende beim Auslandsstudium unterstützt; es gilt als eines der beliebtesten EU-Programme. Unter dem Namen Erasmus+ wurden 2014 bisherige Programme für lebenslanges Lernen, Jugend und Sport sowie Kooperationsprogramme im Hochschulbereich zusammengeführt.
Erasmus sei für sein Land jedoch extrem teuer, hatte der britische Premier Boris Johnson den Schritt begründet. Er kündigte zugleich ein Ersatzprogramm an. Damit wolle er britischen Studierenden ermöglichen, an den besten Universitäten der Welt und nicht nur in Europa zu lernen. Für die derzeit knapp 150.000 an britischen Hochschulen eingeschriebenen Studierenden aus EU-Staaten dürfte der Auslandsaufenthalt an Universitäten im Vereinigten Königreich dagegen teurer und schwieriger werden.
EU-Chefunterhändler Michel Barnier bedauerte den Rückzug Großbritanniens aus dem Erasmus-Programm. Er forderte die Regierung in London auf, zügig Klarheit über ihr Alternativprogramm zu schaffen.