Geschlossene Kitas und Krippen Alleinerziehende besonders von Coronakrise betroffen

Vor allem Alleinerziehende sind auf geöffnete Kitas angewiesen - das zeigt eine neue Auswertung von Daten des Sozio-Oekonomischen Panels.
In vielen Bundesländern bleiben die Kitas für den Regelbetrieb noch eine Weile geschlossen

In vielen Bundesländern bleiben die Kitas für den Regelbetrieb noch eine Weile geschlossen

Foto: Daniel Karmann/ dpa

Auch wenn die Schulen in Deutschland in diesen Tagen Schritt für Schritt wieder öffnen - die Kitas bleiben für den Regelbetrieb in den meisten Bundesländern noch für viele Wochen geschlossen. Kleinere Kinder könnten sich nur schwer an Abstands- und Hygieneregeln halten, lautet häufig die Begründung.

Besonders Alleinerziehende trifft es hart, wenn die Kinderbetreuung wegfällt, weil sie diese Angebote in der Regel sehr viel intensiver nutzen als sogenannte Paarfamilien. Das ergibt eine neue Auswertung von Daten des Sozio-Oekonomischen Panels (SOEP), die das Institut der Deutschen Wirtschaft Köln (IW) vorgenommen hat und die dem SPIEGEL vorliegt.

Der Kölner Bildungsforscher Wido Geis-Thöne betrachtete dazu die durchschnittlichen Betreuungszeiten von Fünf- und Sechsjährigen in den Jahren 2016 bis 2018. Demnach besuchten 61 Prozent der Kinder von Alleinerziehenden mindestens 35 Stunden in der Woche eine Kita oder Kindertagespflege. Bei Eltern in Paarbeziehungen traf dies nur auf 43 Prozent zu.  

Ein knappes Viertel der Kinder von Alleinerziehenden verbrachte sogar mehr als 45 Stunden pro Woche in einer Betreuungseinrichtung, aber nur drei Prozent der Kinder, die in einer Paarfamilie aufwachsen. Alleinerziehende seien hier, wie in der einschlägigen Forschung üblich, als "Eltern ohne im Haushalt lebenden Partner" definiert, sagt Geis-Thöne.

Unterstützung von Oma und Opa

Zudem verbrachten im betrachteten Zeitraum 16 Prozent der Kinder von Alleinerziehenden und zwölf Prozent der Kinder von Paarfamilien zehn Stunden und mehr in der Woche bei den Großeltern. Auch diese Möglichkeit fiel durch die Kontaktbeschränkungen in der Corona-Pandemie weg.

"In diesen Wochen und Monaten hängt es deutlich stärker als zu normalen Zeiten von der Zusammensetzung der Haushalte ab, wie die Familien in Deutschland ihr Leben gestalten können", sagt Bildungsexperte Geis-Thöne. "Lebt nur ein Erwachsener im Haushalt, gestaltet sich die Organisation des Alltags besonders schwierig, da er neben seinen beruflichen Verpflichtungen die Betreuung der Kinder allein realisieren muss."

Hinzu kämen die psychischen Nebenwirkungen der Coronakrise, die sich je nach Familienkonstellation unterschiedlich stark niederschlagen könnten. Schon in Vor-Corona-Zeiten fühlten sich Alleinerziehende häufiger allein, wie die Daten des SOEP belegen. In der Befragung von 2018 stimmten rund 36 Prozent der alleinerziehenden Mütter der Aussage "Ich fühle mich oft einsam" zu - aber nur zwölf Prozent der Mütter in Paarfamilien.

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Psychische Verfassung verschlechtert

Gleichzeitig gab 22 Prozent der alleinerziehenden Mütter seinerzeit an, sich in den vorangegangenen vier Wochen oft oder immer niedergeschlagen und trübsinnig gefühlt zu haben. Bei den Müttern in Paarfamilien traf dies nur auf zwölf Prozent zu. Die psychische Verfassung der Alleinerziehenden dürfte "sich seit Beginn des Lockdowns noch deutlich verschlechtert haben", schreibt IW-Bildungsforscher Geis-Thöne in seinem Bericht.

Da die Corona-Pandemie für die Alleinerziehenden zu einer deutlich höheren Belastung als für die Eltern in Paarfamilien führe, sei es "sehr positiv zu werten, dass die Länder die Notbetreuung für sie geöffnet haben", sagt Geis-Thöne.  "Allerdings sollte sich dies, sofern von den Kapazitäten her möglich, nicht auf die Erwerbstätigen unter ihnen beschränken."

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