Bündnis fordert besseren Schutz von Kitakindern »Auch Schimpfen, Anschreien oder grob am Arm packen ist übergriffig«

»Gewalt darf im Alltag von Kitas nicht vorkommen«: Ein Bündnis aus Erziehern, Eltern, Wissenschaft und Kinderschutz fordert, die Rechte der Kinder zu wahren – und verlangt bessere Betreuungsbedingungen.
Garderobe mit Kinderkleidung in einer Kita (Symbolbild): Zum Aufessen oder Probieren gezwungen

Garderobe mit Kinderkleidung in einer Kita (Symbolbild): Zum Aufessen oder Probieren gezwungen

Foto: Bernd Wüstneck/ dpa

Die Verdachtsfälle von Gewalt gegen Kinder in Kitas nehmen zu – nun hat sich ein breites Bündnis aus Verbänden und Organisationen wie Gewerkschaften, Elternvertretung, Kinderschutz und Wissenschaft für einen wirksamen Schutz von Kindern in Betreuungseinrichtungen ausgesprochen.

Dass Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung haben, sei seit mehr als 20 Jahren im Bürgerlichen Gesetzbuch niedergelegt, heißt es in dem Aufruf. In Kitas erlebten Kinder aber unterschiedliche Formen von Alltagsgewalt: Etwa wenn sie zum Aufessen oder Probieren gezwungen würden, wenn sie in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, beschämt oder bestraft würden. Das hat die groß angelegte Bika-Studie von 2020  bereits gezeigt. Dort kam etwa heraus, dass in mehr als der Hälfte der beobachteten Situationen Kinder aufessen beziehungsweise austrinken sollten oder ihnen ein Nachschlag verweigert wurde. Bei einem Viertel wurde beobachtet, dass Kinder ohne Begründung zum Probieren gedrängt wurden.

»Auch Schimpfen, Anschreien oder grob am Arm packen ist übergriffig«, unterschrieben Dutzende Vertreterinnen und Vertreter aus dem Bereich frühkindliche Bildung in dem Aufruf. 

Eine Umfrage des Bayerischen Rundfunks  hatte vergangene Woche zahlreiche Verdachtsfälle von seelischer und körperlicher Gewalt gegen Kinder in Betreuungseinrichtungen offenbart und die Debatte über die Situation in Kitas damit neu angefeuert.

Die Verfasser des Aufrufs nannten vier Punkte, bei denen zum Schutz der Kinder nachgebessert werden müsse.

  • Es brauche mehr Betreuerinnen und Betreuer pro Kind. Das Personal benötige zudem mehr Zeit für Vor- und Nachbereitung, Reflexion und Weiterbildung.

  • Fehlverhalten von Fachkräften müsse klarer definiert und Beteiligungs- und Schutzrechte der Kinder verstärkt in der Aus- und Fortbildung berücksichtigt werden.

  • Kinder und Eltern müssten sich wirksam beschweren können, dafür bedürfe es der flächendeckenden Einrichtung von unabhängigen Ombudsstellen.

  • Die Umsetzung von Beteiligungs- und Schutzrechten von Kindern müsse besser erforscht werden.

Die Situation an Kitas ist vielerorts angespannt, weil es nicht genug Erzieherinnen und Erzieher gibt. Die Arbeitsbelastung ist laut einer Umfrage unter Kitaleitungen enorm, viele Mitarbeitenden seien überlastet.

Beim Betreuungsschlüssel gibt es deutliche Länderunterschiede. 2020 gab es laut dem »Gute-Kita-Bericht« der Bundesregierung  bei der Betreuung der unter Dreijährigen eine Spannbreite von 2,8 Kindern pro Erzieher in Baden-Württemberg bis 5,6 in Mecklenburg-Vorpommern. Bei den über Dreijährigen reichte die Spanne von 6,4 Kindern pro Fachkraft in Baden-Württemberg bis zu zwölf in Mecklenburg-Vorpommern.

sun
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