Erstklässler durfte nicht zur Schule Gericht entzieht Eltern Teil des Sorgerechts

Der Junge ging als Erstklässler nicht einen Tag zur Schule: Erst argumentierten die Eltern mit Corona, dann mit der besseren Entfaltung im Homeschooling. Doch das Gericht sah das Kindeswohl in Gefahr.
Erstklässler (Symbolbild): Entwicklung des Jungen durch Verweigerung des Schulbesuchs gefährdet

Erstklässler (Symbolbild): Entwicklung des Jungen durch Verweigerung des Schulbesuchs gefährdet

Foto: Moritz Frankenberg / picture alliance/dpa

Wenn Eltern ihr siebenjähriges Kind nicht in die Schule schicken, kann ihnen das Sorgerecht teilweise entzogen werden. Das entschied das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe in einem am Dienstag veröffentlichen Beschluss .

In dem verhandelten Fall ging es um einen Grundschüler, der im September 2021 im Alter von knapp sieben Jahren eingeschult wurde, aber »bis zum Ende des Schuljahrs im Sommer 2022 zu keinem einzigen Schultag erschienen war«, so das Gericht.

Die Eltern hatten den Jungen erst wegen der Coronamaßnahmen nicht in die Schule geschickt, später argumentierten sie laut Gericht, ihr Sohn könne sich durch das »Freilernen im Homeschooling« »toll« entfalten.

Die Schule schaltete demnach das Jugendamt ein, doch die Gespräche seien gescheitert. Daraufhin habe das Familiengericht in Offenburg die Eltern angewiesen, den Jungen zur Schule zu schicken. Dagegen legten sie beim OLG Karlsruhe Beschwerde ein.

Oberlandesgericht verschärft die Entscheidung der Vorinstanz

Das Oberlandesgericht verschärfte die Entscheidung aus Offenburg im Eilverfahren, indem es den Eltern in Bezug auf den Schulbesuch das Sorge- und Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihren Sohn vorläufig entzog und an das Jugendamt übertrug.

Das Gericht begründete die weitreichende Maßnahme mit Anhaltspunkten für eine erhebliche Gefährdung des Kindeswohls. In der Schule sollten nicht nur Wissen und soziale Fähigkeiten erlernt werden. Die Schulpflicht diene auch dem staatlichen Erziehungsauftrag und den dahinterstehenden Gemeinwohlinteressen. Die Entwicklung des Jungen und seine gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft würden durch die Verweigerung des Schulbesuchs gefährdet, erklärte das Gericht.

Aktenzeichen: 5 UFH 3/22

sun/AFP
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten