Eltern sollten Altersfreigabe beachten Expertinnen warnen vor traumatischen Erfahrungen durch »Squid Game«

Szene aus der Netflix-Serie »Squid Game«: Gesellschaftskritik und Gewalt
Foto: YOUNGKYU PARK / Netflix / dpaBei der Netflix-Serie »Squid Game« sollten Eltern die Altersfreigabe ab 16 Jahren berücksichtigen, raten Expertinnen. Medienberichte hatten in den vergangenen Wochen darauf hingedeutet, dass Eltern auch deutlich jüngere Kinder die stellenweise brutale Serie schauen lassen.
Kinder in Grundschulen und Kindergärten sollen die Serie demnach nachgespielt haben, unter anderem auf einem Pausenhof in Augsburg und in einer Kita in Pinneberg bei Hamburg.
Die vielen Gewaltszenen stellten für Kinder eine sehr hohe psychische Belastung dar, da sie das Gesehene noch nicht verarbeiten könnten, sagte die Psychotherapeutin Katajun Lindenberg von der Goethe-Universität Frankfurt der Nachrichtenagentur dpa. Es bestehe die Gefahr, dass sich die Gewaltbereitschaft bei Kindern erhöhe, wenn sie Gewalt derartig vorgelebt bekämen, sagte die Leiterin der Abteilung für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie. Die Gesellschaftskritik von »Squid Game« könnten Kinder noch nicht erfassen.
Eltern sollten ihren Kindern nicht erlauben, die Serie zu schauen
»Aus ästhetischer Sicht und mit viel innerem Abstand kann die Serie als innovativ und vielleicht sogar aufrüttelnd verstanden werden«, sagte die Medienpädagogin Maya Götz vom Internationalen Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen beim Bayerischen Rundfunk. Dafür brauche es aber ein hohes Maß an Abgrenzung und Medienwissen, welches insbesondere Kinder nicht hätten.
Kita- und Schulleitungen haben Eltern bereits vielerorts auf die Gefahren der Serie hingewiesen. Auch Lindenberg und Götz betonen, dass Eltern ihren Kindern nicht erlauben sollten, die Serie zu schauen. Die Freigabe ab 16 Jahren gebe es aus gutem Grund. »Darüber haben sich viele Experten Gedanken gemacht. Das ist keine willkürliche Einordnung«, betonte Lindenberg.
Eltern sollten ihrem Nachwuchs klarmachen, dass »stark sein« auch bedeute, die Serie nicht oder nicht weiter zu schauen, sagte Götz. Ohne freiwilligen Verzicht lässt sich gerade bei schon etwas älteren Kindern oft schwer verhindern, dass sie im digitalen Raum die Serie oder Teile davon sehen.
Zudem sei »Squid Game« bereits weitverbreitet: Die Spiele aus der Serie würden auch in Videospielen wie »Minecraft« nachgespielt und auf TikTok oder Instagram gebe es zahlreiche sogenannte Memes, also Videos und Bilder, in denen die Serie aufgegriffen wird. Und auch bei Freunden oder Geschwistern könnten Kinder die Serie schauen.
Wichtig sei es, gegebenenfalls über das Gesehene zu sprechen, um bei der Verarbeitung zu helfen, sagte Götz. Besonders für Kinder bis zehn Jahren könne »Squid Game« eine traumatische Erfahrung sein und zu Albträumen führen. Bei älteren Kindern zwischen 10 bis 15 Jahren sei davon auszugehen, dass viele betont cool über die Serie sprechen – »auch wenn sich die Bilder dann doch tiefer eingeschrieben haben, als sie es vermutlich zugeben«, sagte Götz. Auch bei ihnen sollten Eltern aufmerksam sein und das Gespräch anbieten.
Die südkoreanische Serie »Squid Game« ist die bisher erfolgreichste Netflix-Produktion mit den höchsten Zuschauerzahlen. Dabei wird in neun Folgen die Geschichte von knapp 500 Menschen erzählt, die sich verschuldet haben. Sie treten in Kinderspielen gegeneinander an, um ein Preisgeld in Millionenhöhe zu gewinnen. Der makabere Wettbewerb lässt keine zweite Chance zu: Wer es nicht in die nächste Runde schafft, wird getötet.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Textes hieß es, die Serie sei durch die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) ab 16 Jahren freigegeben worden. Laut der FSK GmbH habe die Serie nicht zur Prüfung vorgelegen. Netflix weise die Altersempfehlung ab 16 aus. Wir haben die Passage korrigiert.