Uni Kassel Noten fürs Gendern in bestimmten Fällen zulässig

Studierende an der Uni Kassel: Im Zweifelsfall bleibe der »Antwortspielraum des Prüflings« zu respektieren
Foto: Uwe Zucchi / picture alliance / dpaDieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.
Seine Uni habe ihn schlechter bewertet, weil er nicht gendern wollte: Mit diesem Vorwurf hat Lukas Honemann als Student und CDU-Nachwuchspolitiker aus Kassel im Frühjahr Schlagzeilen gemacht . Die Uni Kassel reagierte auf den Vorwurf und kündigte an , ein Rechtsgutachten zur Berücksichtigung gendergerechter Sprache bei der Bewertung von Prüfungsleistungen in Auftrag zu geben. Nun ist das Gutachten da, wie die »FAZ« als Erste berichtete .
Für die Öffentlichkeit ist es allerdings nicht bestimmt, teilte die Uni auf Nachfrage des SPIEGEL mit; die Pressestelle stellte nur eine kurze Zusammenfassung zur Verfügung. Demnach sind Vorgaben zur Verwendung geschlechtergerechter Sprache in Prüfungen unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, habe der Rechtswissenschaftler Michael Sachs in seinem Gutachten festgestellt.
»Bezug bei der konkreten Prüfung«
Das Gendern dürfe – anders als Grammatik oder Rechtschreibung – nicht als allgemeines formales Kriterium für die Bewertung von Prüfungsleistungen genutzt werden, erörterte Sachs demnach. Das Gutachten komme »nach einer eingehenden Analyse der rechtlichen Ausgangslage aber zu dem Ergebnis«, dass Lehrende das Kriterium der geschlechtergerechten Sprache in die Bewertung einfließen lassen dürfen.
Die Voraussetzung: ein »hinreichender fachlicher bzw. berufsqualifizierender Bezug bei der konkreten Prüfung«. Das dürfe nicht willkürlich geschehen, im Zweifelsfall bleibe der »Antwortspielraum des Prüflings« zu respektieren.
Die Universität Kassel teilte mit, sie sehe damit ihre früheren Einschätzungen bestätigt, dass eine Berücksichtigung des Kriteriums »gendergerechte Sprache« im Einzelfall mit der fachlichen Einschätzung der Lehrenden begründbar sei. Das Gutachten mache zugleich klar, dass »generalisierende Aussagen schwer zu treffen« seien.
Punktabzug ohne Konsequenzen
Honemanns Beschwerde bezog sich auf eine Vorlesung im ersten Semester. Dort sei es um Diversität gegangen, hatte Honemann im Frühjahr erklärt, unter anderem sollte Sprachsensibilität gefördert werden.
Er habe eine Arbeit abgeben müssen, eines der Bewertungskriterien sei die Verwendung geschlechtergerechter Sprache gewesen, also etwa »die Schüler*innen«. »Ich habe jedoch das generische Maskulinum benutzt, ›die Schüler‹, weil ich davon ausgehe, dass sich dann alle Geschlechter mitgemeint fühlen«, sagte Honemann damals.
Dafür habe ihm die Dozentin Punkte abgezogen – allerdings ohne Konsequenzen: Es sei ohnehin nur darum gegangen, ob man die Prüfung bestehe oder nicht. Eine Note gab es nicht.