Digitalpakt
Größter Teil der Milliardenförderung bei Schulen noch nicht angekommen
Im Distanzunterricht fiel besonders auf, dass es an der digitalen Ausstattung der Schulen hapert. Ein milliardenschwerer Digitalpakt sollte das ändern – aber wie viel Geld haben die Schulen schon bekommen?
Digitalpakt soll Ausstattung der Schulen fördern (Symbolbild)
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Rolf Vennenbernd / dpa
Kein stabiles Internet, keine Dienstlaptops für Lehrkräfte, nicht einmal eine berufliche E-Mail-Adresse: Die Digitalisierung der Schulen ist in Deutschland über Jahre verschleppt worden und sollte mit dem milliardenschweren Digitalpakt Schule noch vor Corona endlich beschleunigt werden. Anfangs wurden die Mittel jedoch noch sehr spärlich abgerufen, in der Pandemie kommt nun offenbar zumindest ein wenig mehr Bewegung in die Sache.
Aus dem mittlerweile auf rund sieben Milliarden Euro angewachsenen Digitalpakt sind nach Angaben von Bund und Ländern bis zum Ende des vergangenen Jahres 1,363 Milliarden Euro abgeflossen oder bewilligt worden.
Die Zahl gaben das Bundesbildungsministerium und die Kultusministerkonferenz der Länder bekannt. Demnach meldeten die Länder bis zum Ende Dezember verausgabte Mittel aus dem Förderprogramm in Höhe von knapp 488 Millionen Euro. Zudem waren Mittel in Höhe von 875 Millionen Euro bewilligt, aber noch nicht abgerufen. Gelder flössen immer erst dann, wenn eine Investitionsmaßnahme abgeschlossen sei und die Rechnung vorliege, hieß es aus dem Ministerium.
Die Zahlen werden alle sechs Monate erhoben. Bei der vorherigen Erhebung zum Stichtag Ende Juni lagen die Summen noch deutlich niedriger: Zu dem Zeitpunkt waren erst 16 Millionen Euro abgeflossen und 242 Millionen Euro gebunden.
Mittel für Leih-Laptops für Schüler erst zum Teil abgerufen
Der Digitalpakt mit ursprünglich fünf Milliarden Euro vom Bund und 500 Millionen von den Ländern wurde 2019 für den Aufbau der digitalen Infrastruktur an den Schulen aufgelegt, etwa zur Installation von schuleigenem WLAN oder zur Anschaffung von Smartboards. Das Programm wurde zuletzt dreimal aufgestockt: um 500 Millionen zur Finanzierung von IT-Administratoren für die Schulen, 500 Millionen zur Anschaffung von Dienstlaptops für Lehrer und weitere 500 Millionen zur Anschaffung von Leihgeräten für bedürftige Schüler, um auch ihnen eine Teilnahme am sogenannten Fernunterricht in der Coronakrise zu ermöglichen.
Von den 500 Millionen Euro für Leihlaptops für Schüler sind den Angaben zufolge mittlerweile 376 Millionen abgerufen. Zu den Zusatzprogrammen für IT-Administratoren und Lehrerlaptops liegen noch keine konkreten Zahlen zum Mittelabfluss vor. Sie sind erst seit November und Januar in Kraft. Von den Geldern des ursprünglichen Digitalpakts sind bisher knapp 112 Millionen Euro abgeflossen und knapp 743 Millionen bewilligt. Das Programm ist auf fünf Jahre angelegt und endet vorläufig im Jahr 2024. Um die Förderung zu bekommen, mussten Schulen Digitalkonzepte vorlegen.
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) zeigte sich zufrieden mit der Entwicklung. Es sei erfreulich, dass das Geld aus dem Digitalpakt jetzt immer stärker in den Schulen ankomme, erklärte Karliczek. Es sei »deutlich Bewegung in die Digitalisierung der Schulen« gekommen. Karliczek räumte zugleich ein, es müsse noch Tempo gemacht werden. Auch die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Britta Ernst (SPD), sagte, die Länder seien bei der Digitalisierung der Schulen »in einer historischen Ausnahmesituation ein großes Stück« weitergekommen.
Kritiker hatten wiederholt moniert, dass die Digitalisierung der Schulen gerade in der Pandemie und damit verbundenen wochenlangen Schulschließungen mit Distanzunterricht, viel zu schleppend vorangehe. Schulen bemängelten teils hohe bürokratische Hürden, um an die Mittel zu kommen. Die Schulexpertin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Ilka Hoffmann, kritisierte nun auch angesichts der aktuellen Zahlen diese seien »kein Grund zum Jubeln«. Die Umsetzung des Digitalpakts laufe insgesamt »viel zu langsam«.
Auch die stellvertretende FDP-Fraktionschefin Katja Suding monierte, »der magere Mittelabfluss beim Digitalpakt ist nach wie vor eine Katastrophe«. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) dagegen lobte anerkennend, dass der »Digitalpakt-Zug« endlich Fahrt aufgenommen habe: »Wir führen das ganz klar darauf zurück, dass im Zuge der Coronakrise die Regelungen zur Beantragung vereinfacht wurden«, teilte der Vorsitzende Udo Beckmann mit.
Das zeige sich auch an dem Sofortprogramm. Die niedrigschwelligere Möglichkeit, Gelder für die Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit digitalen Endgeräten zu beantragen, werde in überwältigender Weise genutzt, sagte Beckmann. In einem Drittel der Laufzeit des Digitalpakts sei vom Sofortprogramm dreimal so viel Geld beantragt worden: »Das sollte der Politik zu denken geben.« Die Zahlen müssten dazu führen, die Beantragungsprozesse deutlich zu vereinfachen und sie der Schulrealität anzupassen, sagte der Verbandschef, »und die heißt gerade: Es gibt großen Bedarf, aber keine Zeit und rare Möglichkeiten, um Konzepte zu schreiben.«