Wegen Lehrermangel Offiziersanwärter unterrichteten an bayerischem Gymnasium

Der Einsatz von Bundeswehrangehörigen in Schulen gilt als umstritten (Archiv)
Foto: Filmbildfabrik / Shotshop / IMAGOAls die Omikron-Welle im Frühjahr über das Land rollte, legte sie den Schulunterricht vielerorts lahm: Lehrkräfte mussten zu Hause bleiben, weil sie sich mit dem Virus angesteckt hatten, als Kontaktperson galten oder Kinder betreuten, die unter Quarantäne standen. Damit nicht allzu viel Unterricht ausfallen musste, griff die Schulleiterin des Lise-Meitner-Gymnasiums in Unterhaching zu einem ungewöhnlichen Mittel: Sie heuerte angehende Offizierinnen und Offiziere von der nahegelegenen Universität der Bundeswehr in Neubiberg an. Das berichten unter anderem die »taz« und die »Süddeutsche Zeitung« .
Zwischen März und Juni hätten sieben Studierende der Bundeswehr-Uni insgesamt 92 Unterrichtsstunden gegeben. Die Offiziersanwärterinnen und -anwärter seien als Vertretungslehrkräfte überwiegend in den Jahrgangsstufen fünf bis neun eingesetzt worden, schreibt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Bayern . »Sie stellten sich im Unterricht auch als Militärangehörige vor, gaben Auskunft zu ihrem Beruf.«
Genehmigung durch das Kultusministerium
Vor der Genehmigung des Einsatzes habe das zuständige Kultusministerium die Anfrage der Schulleiterin ausgiebig geprüft, schreibt die »taz«. Voraussetzung sei gewesen, dass die Soldatinnen und Soldaten freiwillig, ehrenamtlich und unbezahlt tätig gewesen seien.
Dass Militärangehörige in Schulen auftreten, gilt schon lange als umstritten. Kritiker fürchten, die Soldatinnen und Soldaten könnten Minderjährige für den Dienst an der Waffe begeistern. Die Diskussion entzündete sich in der Vergangenheit vor allem an Informationsveranstaltungen auf Schulhöfen sowie Unterrichtsbesuchen von Bundeswehr-Angehörigen im Beisein einer Lehrkraft. Dass angehende Offizierinnen und Offiziere selbst Vertretungsstunden abhalten, ist äußerst ungewöhnlich.
Aufgabenpool für Vertretungsstunden
Worüber genau die Bundeswehr-Studierenden mit den Schülerinnen und Schülern sprachen, ist bisher nicht bekannt. Die Schule erklärte nach Angaben der »taz«, dass es für Vertretungsstunden einen vorgegebenen Aufgabenpool mit standardisierten Unterrichtsmaterialien gäbe. Diese seien auch von den Soldatinnen und Soldaten genutzt worden.
An Schulen in Deutschland gilt der sogenannte Beutelsbacher Konsens, der erstmals in den 1970er-Jahren formuliert wurde. Demnach dürfen Kinder und Jugendliche im Unterricht vom Lehrpersonal nicht mit politischen Meinungen und Haltungen überrumpelt und daran gehindert werden, sich selbstständig ein Urteil zu bilden.
Anmerkung: In einer früheren Version dieses Textes hieß es, die Universität der Bundeswehr befinde sich in Fürstenfeldbruck. Wir haben diesen Fehler korrigiert.