Unterricht nach Corona Die Schulen öffnen - irgendwie

Die Länder lassen sich in Sachen Bildung ungern reinreden, das hatten sie schon im Vorfeld klargemacht. Kein Wunder, dass die Regierungschefs nun kaum über die Öffnung der Schulen sprachen.
Jedes Bundesland so, wie es will: leerer Schulflur in Berlin-Friedenau

Jedes Bundesland so, wie es will: leerer Schulflur in Berlin-Friedenau

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Kay Nietfeld/ dpa

Die Corona-bedingten Kontaktbeschränkungen werden bis Anfang Juni verlängert, Großveranstaltungen sind bis Ende August verboten - aber bei Schulen und Kitas drücken die Bundesländer aufs Tempo: Bei den Absprachen zwischen Kanzlerin Merkel und den Regierungschefs der Länder gab es am Mittwoch keine Einigung auf einen Masterplan zur Wiederaufnahme des Unterrichts.

Deutlich wurde das schon während der Telefonkonferenz der Länderchefs mit der Kanzlerin: Um 13:55 Uhr, als die Schalte noch lief, verschickte Baden-Württembergs Schulministerin Susanne Eisenmann (CDU) bereits ihren eigenen "Fahrplan für die weitere Öffnung des Schul- und Kitabetriebs", frei nach dem Motto: Egal, was in Berlin entschieden wird, die Schulpolitik machen wir immer noch selbst. Demnach sollen die Grundschulen im Südwesten am 18. Mai wieder starten. "Die Eltern fordern zu Recht, dass wir den Schulbetrieb weiter öffnen", so Eisenmann.

Aber auch nach der Öffnung der Schulen "werden es keine Normalbedingungen wie vor der Coronakrise sein", schränkte Eisenmann ein - schon allein deshalb, weil die Kapazitäten in den Klassen durch die Abstandsregeln viel geringer seien. Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) wollte die Absprachen mit Merkel ebenfalls nicht abwarten - und hatte schon vorher verkündet, dass die Hälfte der Kinder in Bayern bis Pfingsten, die andere Hälfte danach wieder in die Bildungseinrichtungen zurückkehren soll. Auch werde es in bayerischen Schulen - außerhalb der eigentlichen Unterrichtsstunden - eine Maskenpflicht für Schüler und Lehrer geben.

Schule und Kita? Kaum ein Thema

Und so klingt das, was Merkel und die Ministerpräsidenten am Mittwoch gemeinsam vereinbarten, für den Bildungsbereich reichlich unkonkret. "Wir haben das Ziel, die Verbreitung des Virus zu verlangsamen, erreicht", sagte Angela Merkel. In den Statements der Kanzlerin, aber auch von Markus Söder und Hamburgs Erstem Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) kamen Schulen und Kitas nur am Rande vor. Wichtiger war den Regierungschefs, "dass wir jetzt den Ländern diese Verantwortung übergeben", so Tschentscher.

Konkret heißt es deshalb in der Vereinbarung zur Schul- und Kitaöffnung lapidar: "Die Einzelheiten regeln die Länder." Nachdem die meisten Länder den Unterricht bereits wieder aufgenommen haben, sollen jetzt auch die weiteren Schritte in ihrer alleinigen Zuständigkeit fortgesetzt werden.

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Dass die Länder sich gegen ein verbindlich abgesprochenes, einheitliches Vorgehen sperren, war schon Ende April deutlich geworden. Da hatte die Kultusministerkonferenz (KMK) ihr "Rahmenkonzept für die Wiederaufnahme von Unterricht in Schulen" verabschiedet und an die Ministerpräsidenten weitergeleitet. Schon da wurde festgestellt, dass trotz der Coronakrise jeder Schüler vor den Sommerferien zumindest tageweise die Schule besuchen soll. Über die genaue Umsetzung und den Zeitplan des Schulstarts sollte aber jedes Bundesland selbst entscheiden.

Die Minister stellten in ihrem Konzept allerdings auch fest: "Nach dem jetzigen Stand wird vor den Sommerferien aufgrund des Abstandsgebots kein uneingeschränkt regulärer Schulbetrieb mehr möglich sein." Das KMK-Papier hatte für heftige Kritik gesorgt: "Außer Plattitüden kann oder will die KMK zur Frage, wie denn Schule in Zeiten von Corona bis zu den Sommerferien und danach funktionieren soll, offensichtlich nichts sagen", ätzte die Bundesdirektorenkonferenz, ein Zusammenschluss von Schulleitungen der Gymnasien.

"Wenigstens einmal pro Woche"

Die KMK kündigte am Mittwoch im Anschluss an die Runde der Regierungschefs an, jetzt in einer Arbeitsgruppe das kommende Schuljahr zu planen. Der Unterricht könne auf absehbare Zeit noch nicht im vertrauten Klassenverband stattfinden, sondern nur in kleineren Einheiten, sagte KMK-Präsidentin Stefanie Hubig (SPD), Bildungsministerin in Rheinland-Pfalz. Falls weiter eine Abstandsregelung erforderlich sei, werde an einen Wechsel von Präsenz- und Heimunterricht gedacht, sagte Hubig. Und: Der Bildungsföderalismus in Deutschland habe sich in der Krise bewährt.

"Auch künftig müssen alle Schülerinnen und Schülern ergänzend zu Hause im sogenannten Fernunterricht lernen", bestätigte Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD). Ab Ende Mai würden Kinder und Jugendliche in Hamburg "wenigstens einmal pro Woche mindestens fünf oder sechs Unterrichtsstunden im schulischen Präsenzunterricht bekommen".

An den Schulen zeigt sich unterdessen, dass Konzepte auf Ministerebene und der Alltag in den Klassenzimmern mitunter ziemlich weit auseinanderklaffen. So beschrieb eine Leipziger Mutter bei Twitter den ersten Schultag ihres Sohns:

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Eltern, Lehrkräfte und Schüler, die sich von der Runde am Mittwoch mehr Klarheit für den Bildungsbereich erhofft hatten, dürften enttäuscht sein: Die Kontaktbeschränkungen bleiben, die Schulen öffnen - irgendwie.

mit Material von dpa
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