Bischöflicher Bauskandal Gläubige drängen Tebartz-van Elst zum Rücktritt

Bischöflicher Bauskandal: Gläubige drängen Tebartz-van Elst zum Rücktritt
Foto: Boris Roessler/ dpaDie Wälder um Limburg an der Lahn stehen schon im Herbstkleid: Bei jedem scharfen Windzug weht goldenes Laub davon. In Limburg selbst fragt sich mancher, wie scharf der Wind noch blasen muss, bis es auch den Bischof hinfort weht. "Endlich", fügen nicht wenige hinzu.
Kein katholischer Kirchenfürst bringt Bürger und Gläubige zurzeit so auf die Palme wie Franz-Peter Tebartz-van Elst, seit Januar 2008 amtierender Bischof von Limburg. Wie lange er das noch sein wird, hängt davon ab, ob der Vatikan den anschwellenden Rufen nach seiner Demission folgt, oder der Bischof gar selbst darum bittet.

Fotos aus Limburg: Handwerker dokumentierten die Baustelle
"Das sollte er tun", findet Hubertus Janssen, Limburger Pfarrer im Ruhestand. Über 33 Jahre war er seinen Schäfchen nah und ist das auch geblieben. Für ihn ist Tebartz-van Elst eine Belastung für die Kirche in Limburg und womöglich darüber hinaus. Der Unmut von Pfarrern wie Gläubigen macht sich an dem Bauprojekt fest, das der Bischof nicht veranlasst hat, dessen üppiges Übermaß er aber offenbar durch zahlreiche Sonderwünsche verantwortet: Zwei Millionen sollte die neue Bischofsresidenz am Fuße des Limburger Doms einmal kosten, dann fünf. Inzwischen weiß man, dass allein die Dreieinhalb-Zimmer-Wohnung des Bischofs zwei Millionen verschlang - weil er unter ihr ein weiteres Wohngeschoss in den Fels fräsen ließ.
"Es gibt keinen Dialog"
Seit dieser Woche weiß man auch, dass die mit starken Stahltoren gesicherte Residenz insgesamt rund 31 Millionen Euro kostete. Tebartz-van Elst äußert sich nicht dazu. Das tun dafür andere: Am 8. Oktober erklärte Jochen Riebel, Mitglied des vom Bischof einst selbst bestellten "Vermögensverwaltungsrats des Bischöflichen Stuhls" in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", Tebartz-van Elst habe den Rat "hinter das Licht geführt". Der Bischof sei "entweder ein raffinierter Betrüger oder krank".
Damit steht er nicht allein, ähnliche Formulierungen finden Bürger auf Limburgs Straßen. Ein Pärchen sagt aber auch: Die Kosten explodierten bei so manchem Bau, und da sehe man auch nicht, wo das Geld hin fließe. "Außerdem", sagt sie, "bezahlt das ja auch kein Einzelner, an so was sind viele beteiligt. Wo waren die denn, als das Geld ausgegeben wurde? Gab es da nicht auch einen Rat, der die Aufsicht führen sollte?"
So argumentiert die eine Seite. Die meisten aber halten Tebartz-van Elst für einen kalten Kirchenfürsten, ein Ruf, den er sich schon erarbeitet hatte, bevor der Skandal um die neue Residenz begann.
Der mit heute 53 Jahren ungewöhnlich junge Bischof galt als einer der neuen Erzkonservativen, die in Zeiten Benedikts XVI. so sehr im Aufwind schienen. "Schon als er den Priesterrat, der den Bischof ja beraten soll, nicht neu wählen ließ, habe ich gedacht: Das ist der Anfang vom Ende der synodalen Strukturen", sagt Hubertus Janssen. Für ihn deutete sich das Ende selbst vorgeblicher Mitbestimmung an - der Beginn einer bischöflichen Autokratie.

Tebartz-van Elst: Bischof im Abseits
"Er sagt immer, es sei heute so viel Dialog wie nie zuvor. Aber es gibt keinen Dialog." Stattdessen gibt es noch immer Angst unter den aktiven Pfarrern, sich öffentlich zu äußern. Tebartz-van Elst ist ihr Dienstherr, und trotzdem schließen sich immer mehr von ihnen den Rufen nach einem Rücktritt an.
Nachdem Thomas Schüller, Theologe an der Uni Münster, öffentlich danach rief, folgte Ludwig Reichert, der Sprecher des "Hofheimer Kreises" von 20 kritischen Pfarrern, und forderte den Rücktritt des Bischofs. Am Dienstag schloss sich eine örtliche Gemeinde an. Auch der Priesterrat des Bistums sieht das Vertrauen zerstört. Für die Medien ist es sowieso ausgemacht: Dieser Bischof sollte gehen.
Badewanne für 15.000 Euro
Tatsächlich ist es schwer vorstellbar, wie er zu halten sein sollte. "Natürlich reden die Leute darüber", sagt eine Frau mit sichtbarem Ärger. "Das ist nicht schön für uns Limburger, so in der Presse zu sein. So unvorteilhaft." Limburg, Skandalstadt eben: Bis Tebertz-van Elst kam, galt das Lahn-Städtchen als verschlafen. Sein Dom zierte einst trutzig-grau auf braunem Grund den Eintausend-Mark-Schein. In Wirklichkeit ist dieser Dom so freundlich-pittoresk wie die ihn umgebende Altstadt, mit hellem, rot-weiß gestrichenem Fachwerk.
Die Stimmung aber ist eine ganz andere. Der Skandal färbt ab auf das Kirchenbild der Gläubigen. Viele treten aus, vollkommen enttäuscht. Pfarrer Janssen weiß von Menschen, die der Kirche wegen solcher Dinge den Rücken kehren. "Die verlassen die Kirche, aber nicht den Glauben", sagt er. Und für die, die bleiben, ist auch die Diskussion über den Bischof eine Qual. "Es ist ein Dauerthema", sagt Janssen. Die Frustration über den Bischof habe natürlich auch Gemeindemitglieder selbst erfasst. Hier die Amtskirche, verkörpert durch den Bischof, dort die Gemeinde: Wenn man Janssen zuhört, der an dem Thema offensichtlich leidet, ergibt sich das Bild einer Kontrastellung. Bischof gegen Gläubige.
Im Grunde hatte der ganze Konflikt schon so angefangen: 2007 hatte Janssen, damals nicht nur Gemeindepfarrer, sondern auch Sprecher der Katholiken-Initiative "Wir sind Kirche", einen "Bettelbrief" an seine Gemeinde verfasst: Ihr fehlten damals 11.000 Euro für den Betrieb des Gemeindezentrums. Kurz darauf wurde der Plan bekannt, zwei Millionen Euro für eine Bischofsresidenz auszugeben. "Dagegen habe ich dann protestiert." Das tut er bis heute, und letztlich aus den gleichen Gründen: Gegen die Priorität für Repräsentationsbauten zu Lasten der Arbeit in den Gemeinden. "Denn da ist die Kirche doch, oder?"

Limburg: Der neue Amtssitz des Bischofs
Foto: SPIEGEL ONLINEImmerhin: Es sei nicht so, dass der bischöfliche Millionenbau Steuergelder gekostet hätte, gaben die bischöflichen Vermögensverwaltungsrat-Mitglieder Jochen Riebel und Michael Lucas beruhigend bekannt: "Das ist mit Eigenmitteln finanziert." Mit drin sind auch Extras. Am Mittwochmorgen lasen die Limburger in der "Nassauischen Neuen Presse", dass die Badewanne ihres Bischofs 15.000 Euro gekostet haben soll. Selbst bei seinen gläubigsten Verteidigern hält sich das Verständnis dafür in engen Grenzen.