

Sechs Meter hoch sind die Mauern, die sie umgeben. Stacheldraht wohin man schaut. Um für kurze Zeit dem tristen Knastalltag zu entgehen, haben sich die Insassen des Frauengefängnisses Talavera Bruce in Rio de Janeiro etwas Besonderes einfallen lassen: Sie organisierten eine Miss-Wahl.
"Es gibt uns die Möglichkeit, der ewigen Uniform aus Jeans und weißem T-Shirt zu entkommen", sagte die 21-jährige Itala da Silva dem Webportal minuto30.com. Da Silva sitzt wie viele andere Frauen wegen Drogenhandels ein. Dem brasilianischen Justizministerium zufolge ist die Zahl der weiblichen Gefängnisinsassen von 2000 bis 2014 um 567 Prozent gestiegen. Insgesamt drängen sich 600.000 Menschen in den überfüllten Knästen des Landes, die eigentlich nur für 377.000 ausgerichtet sind.
Brasilien ist berühmt für seine schöne Frauen und den Körperkult, der hier allerorts betrieben wird. Und wie bei Schönheitswettbewerben üblich, traten die Knast-Damen sowohl im Standoutfit als auch in Gala-Robe auf. Aufwendig hatten sie sich vorbereitet, Kleider geschneidert oder angepasst, dramatisches Make-up aufgetragen. Gefragt waren Schönheit und Anmut, aber auch "ein sympathisches Auftreten und die Fähigkeit, Eindruck zu machen".
Unter den interessierten Blicken der Wärter und einer zehnköpfigen Jury defilierten sie über einen improvisierten Laufsteg und amüsierten sich dabei offenbar prächtig.
Siegerin und damit die neue "Miss TB" wurde die 27-jährige Michelle Neri Rangel, die sich selbst als "sehr sinnlich" beschrieb. "Ich habe im Gefängnis gelernt, mich als Frau zu fühlen", sagte sie. Rangel ist seit 2010 hinter Gittern, sie wurde wegen mehrfachen schweren Raubes und Prostitution zu insgesamt 39 Jahren Haft verurteilt.
Die Wahl zur Knast-Miss sei keineswegs nur eitler Zeitvertreib, er verhelfe auch zu einer besonderen Stellung und Vorteilen innerhalb der Gefängnismauern, versicherten die Beteiligten. Der wahre Höhepunkt der Veranstaltung allerdings war den Teilnehmern zufolge ein ganz anderer: das anschließende Treffen mit Angehörigen und Freunden.
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Schönheitswettbewerb im Knast: Im Frauengefängnis Talavera Bruce in Rio de Janeiro kämpften zehn Frauen um den Titel einer Schönheitskönigin.
Die Frauen waren gut vorbereitet, hatten Gala-Roben genäht und die besten Outfits für den Laufsteg ausgewählt. Hier lässt sich eine Teilnehmerin von einer freiwilligen Helferin schminken und frisieren.
Ein letzter kritischer Blick in den Spiegel und los ging es auf den improvisierten Laufsteg.
Eine zehnköpfige Jury sollte die Gewinnerin auswählen.
Hier sind die Kandidatinnen in farbenfrohen Strandoutfits zu sehen.
Eine Wärterin gibt Anweisungen, die Bewerberinnen machen sich auf zur Bühne.
Miss-Wahl vor Wachturm und Stacheldraht: Die Bewerberinnen haben sich in Pose geworfen, mit dem Lächeln klappt es noch nicht so gut.
Zwei Frauen küssen sich während der Veranstaltung in Rio de Janeiro, zu der auch die Verwandten der Inhaftierten geladen waren.
Viele der Insassen kamen wegen Drogendelikten in Haft. Dem brasilianischen Justizministerium zufolge ist die Zahl der weiblichen Gefängnisinsassen von 2000 bis 2014 um 567 Prozent gestiegen.
Insgesamt drängen sich 600.000 Menschen in den überfüllten Knästen des Landes, die eigentlich nur für 377.000 ausgerichtet sind. Hier beobachten die Wärter von Talavera Bruce die Vorbereitungen zur Miss-Wahl.
Applaus und Jubel für die Gewinnerin: Die 27-jährige Michelle Neri Rangel ergatterte letztlich das Krönchen. "Ich habe im Gefängnis gelernt, mich als Frau zu fühlen", sagt sie.
Der Wettbewerb soll das Selbstbewusstsein der Frauen stärken. Eine Teilnahme wirkt sich offenbar auch positiv auf die Stellung und die Möglichkeiten aus, die Insassen innerhalb des Gefängnisses haben.