Können wir nicht normal über die Periode reden?
Dieser Beitrag wurde am 06.06.2019 auf bento.de veröffentlicht.
Carolin Kebekus hat ein Video veröffentlicht, um die Periode
zu feiern: "Viva la Menstruation", eine Art "Ode an die Periode" im Rammstein-Stil. Mit rollendem R singt sie "Jeden Monat kommt die Zeit, das Opfer an die Fruchtbarkeit" oder "Schwestern im Leid sind wir vereint, wenn die deutsche Scheide weint".
Der Song und das Video sind Teil der Folge "PussyTerror TV", die am Donnerstagabend im Ersten läuft. In der Sendung will Kebekus einige
Missstände rund um die Menstruation aufzeigen (W&V):
Die mangelnde Aufklärung, die dazu führt, dass sich viele Frauen für ihre
Periode schämen. Nicht nur Frauen in Entwicklungsländern (die aber auch). Außerdem
geht es um den höheren Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent auf Perioden-Artikel.
Beides muss sich ändern. Keine Frage.
Weder ist die Periode etwas, wofür man sich schämen muss. Noch ist sie ein "Luxus", den man sich aussuchen könnte, der einen erhöhten Steuersatz rechtfertigt.
Hier kannst du das Video von Carolin Kebekus sehen:
Aber muss ich meine Periode deshalb gleich feiern? Und allen zeigen?
Künstlerinnen malen Bilder mit ihrem Menstruationsblut (Vice) oder stellen Menstruations-Schmuck her (bento), unter Hashtags wie #freebleeding und #periodproud zeigen zahlreiche Frauen auf Instagram mit Stolz die Blut-Flecken von ihrer Periode auf ihrer
Kleidung.
Ganz ehrlich: Ich finde Flecken auf meiner Kleidung doof. Ob sie nun von der Bolognese heute mittag kommen oder von meinem Menstruationsblut. Weder von dem einen, noch von dem anderen möchte ich Bilder auf Instagram posten.
Und ich freue mich nicht darüber, wenn jemand ein Bild von seiner Periode postet und ich es sehen muss. Wer mag schon Blut sehen, egal aus welcher Körperöffnung es kommt?
Trotzdem: Niemand soll das Gefühl haben, sich für seine Periode schämen zu müssen!
Eine Kollegin hat mich einmal per E-Mail (!) nach einem Tampon gefragt – obwohl sie neben mir saß. Weil sie mir die Frage im Großraumbüro nicht mal flüstern wollte. Und dann den Tampon schnell in der Hosentasche versteckt und - husch husch – aufs Klo, ohne dass es jemand mitkriegt.
Und dann gibt es Frauen, die von der "Erdbeerwoche" sprechen, oder sagen "Ich hab Besuch vom roten Wunder" oder "Tante Rosa". Ernsthaft? Redet Klartext und geht normal auf Toilette – nicht wie ein Spion auf Mission. Und sorgt für eine gute Aufklärung – für alle.
Wie kann es sein, dass erwachsene Männer – selbst Männer, die seit Jahren mit einer Frau in einer festen Beziehung leben – so wenig über die weibliche Menstruation wissen? Da gibt es Männer, die zum Beispiel denken, die Periode dauere einen ganzen Monat (bento). Aktuell sammelt ein Thread auf Twitter wieder die schlimmsten falschen Vorstellungen, die Männer von der Funktionsweise des weiblichen Körpers haben. Einer glaubte, dass alle Frauen ihre Periode gleichzeitig haben – durch den Einfluss des Mondes.
Es muss doch eine Mitte geben zwischen Verschämt-aufs-Klo-huschen und Mit-Menstruationsblut-malen! Können wir nicht normal über die Periode reden?
Können wir nicht einfach in Ruhe menstruieren und menstruieren lassen? Und gleichzeitig eine gesunde Kommunikation über die Missstände führen? Muss es gleich ins andere Extrem gehen?
Gerade scheint es so auszusehen: Wer die Welt verändern will, der braucht Aufmerksamkeit. Und in einer überladenen Welt, wie der unseren, bekommt man diese eben am besten und schnellsten, indem man provoziert. Und das ist das Sprechen über die Menstruation immer noch: Provokation.
So viele Medien haben über die Künstlerin berichtet, die Bilder mit ihrem Menstruationsblut malte (Vice, Mädchen, Bild, Desired) – hätte sie auch so viel Aufmerksamkeit bekommen, wenn sie mit ihrem Nasensekret gemalt hätte?
Mich nervt das.
Period Shame und die unfaire Besteuerung von Frauen-Hygieneprodukten gehören abgeschafft, keine Frage. Und ich bin froh, dass es Frauen gibt, die dagegen vorgehen. Und wenn der Preis für Veränderungen ist, dass ich blutige Flecken sehen muss, dann ertrage ich es. Aber eine Welt, in der das nicht nötig ist, fände ich besser.