Tragödie bei Marathon in China Schäfer rettet sechs Läufer in seiner Berghöhle

Zhu Keming mit den Spuren seiner Hilfsaktion
Foto: STR / AFPZhu Keming hatte vorgesorgt. Als Schäfer kennt er sich mit dem Wetter in der Bergregion der chinesischen Provinz Gansu bestens aus. Weil er mit seinen Tieren öfter in größere Höhen aufsteigt, hatte er in einer Höhle Vorräte, Feuerholz und Kleidung für Notfälle deponiert. An eine Extremsituation wie am vergangenen Wochenende hatte er dabei aber sicher nicht gedacht. Bei der Marathon-Tragödie von Baiyin rettete er sechs Sportlerinnen und Sportler vor dem Erfrierungstod.
Der Fall hatte international für Schlagzeilen gesorgt. Bei einer Ultramarathonveranstaltung waren 21 Teilnehmer wegen eines plötzlich einsetzenden Unwetters ums Leben gekommen. Auf einem hoch gelegenen Streckenabschnitt in der Nähe der Stadt Baiyin kam es zu einem plötzlichen Wettereinbruch mit Hagel, Graupel und starkem Wind.
Dass es nicht noch mehr Opfer wurden, lag auch an Zhu Keming. Er war am Samstagmittag mit seinen Schafen unterwegs, als das Wetter umschlug. »Die Bedingungen waren sehr ungewöhnlich. Es war windig, neblig und regnerisch, manchmal hat es gehagelt. Das kommt nicht so oft vor«, sagte er dem chinesischen Nationalradio.
Zhu suchte Unterschlupf in der Höhle, als er gegen 13 Uhr den ersten Läufer aus dem Nebel auftauchen sah. »Ich fragte, wie es ihm geht und ob er noch laufen kann«, so Zhu weiter. Der Mann sei sehr langsam gewesen, habe seine kalten Beine gerieben und von Krämpfen gesprochen. »Ich sagte zu ihm: ›Komm, wärm dich in der Höhle auf‹«, berichtet der Schäfer.
Binnen kurzer Zeit seien vier weitere Sportlerinnen und Sportler aufgetaucht. Sie hätten von mehreren hilflosen Personen auf dem Trail berichtet. Einen dieser Läufer spürte Zhu auf und trug ihn auf seinem Rücken in die Höhle. Dabei handelte es sich um Zhang Xiaotao, der sich im Internetdienst Weibo äußerte: »Ich bin ihm so dankbar. Ohne seine Hilfe wäre ich da draußen geblieben.«
In der Höhle versorgte der Schäfer seine unterkühlten Gäste, drei Männer und drei Frauen, mit Decken und entzündete ein Feuer. Später wurden sie von einer Rettungsmannschaft von der Hochebene gebracht.
Sonderkommission soll den Fall untersuchen
Die Geschichte des Schäfers verbreitete sich rasch über die sozialen Medien im Land. Von vielen wird er als Held gefeiert. Zhu selbst allerdings nennt seine Tat eine »ganz normale Handlung einer ganz normalen Person«. Er bereue nur, dass er nicht mehr Teilnehmer des Rennens habe retten können: »Zwei Männer lagen leblos am Boden und ich konnte nichts für sie tun. Es tut mir leid.«

Zhu Keming vor seiner Höhle
Foto: STR / AFPNach bisherigen Erkenntnissen waren die 172 Teilnehmer des Ultramarathons knapp 30 Kilometer nach dem Start von Hagel, Eisregen und Sturmböen erfasst worden. Zudem sanken die Temperaturen innerhalb kürzester Zeit drastisch. Wärmende Decken aus der mitgeführten Notfallausrüstung der Läufer seien einfach weggeweht worden, berichtete die Nachrichtenagentur Xinhua. Viele Läufer verirrten sich in dem steilen Gelände, für 21 Personen kam die groß angelegte Rettungsaktion zu spät.
Die Provinzregierung von Gansu setzte eine Sonderkommission ein, die die Vorfälle untersuchen soll.