Corona-Lockdown Deutsche sind immer mehr unterwegs

Ende März blieben viele Menschen wegen Corona noch brav zu Hause. Doch nun zeigen Handydaten, dass die Bevölkerung von Tag zu Tag mobiler wird - vor allem die ostdeutsche.
Unterschiedliche Mobilitätsaktivitäten der Deutschen, März vs. April

Unterschiedliche Mobilitätsaktivitäten der Deutschen, März vs. April

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Gerade mal vier Wochen ist es her, als in Deutschland Schulen und Kitas geschlossen wurden. Kurz danach mussten auch Restaurants, Theater, Bars und viele Geschäfte dicht machen. Und die Politik verhängte weitgehende Ausgangsbeschränkungen – das alles, um die weitere Ausbreitung des Coronavirus zu stoppen.

Die Maßnahmen zeigten schnell Wirkung: Binnen einer Woche ging der Verkehr auf den Straßen um etwa 40 Prozent zurück. Um denselben Wert sank auch die Mobilität der Menschen insgesamt – egal ob zu Fuß, mit dem Auto oder einem anderen Verkehrsmittel.

Doch seit Ende März sind die Deutschen von Tag zu Tag immer ein bisschen mehr unterwegs. Dies zeigen Bewegungsprofile von Handybesitzern, die das Unternehmen Teralytics anonymisiert ausgewertet hat – siehe folgendes Diagramm.

Als Bewegung wurde dabei gezählt, wenn ein Mobiltelefon eine Funkzelle verlässt und später für mindestens 15 Minuten die neue Position nicht mehr ändert. Wie sich Menschen dabei bewegen, ob zu Fuß, mit der Bahn oder mit dem Auto, spielt keine Rolle.

Lag das Mobilitäts-Minus Ende März deutschlandweit noch bei 37 Prozent, waren es am Karsamstag nur noch minus 27 Prozent. Und am besonders warmen Ostersonntag sogar nur noch minus 22 Prozent. Die Deutschen sind also zwar weiterhin weniger unterwegs als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Aber im Vergleich zu vor zwei Wochen gab es einen deutlichen Zuwachs von 10 bis 15 Prozentpunkten.

Die Entwicklung lässt sich auch auf regionaler Ebene gut verfolgen. Folgende Karte zeigt den Rückgang der Mobilität am Samstag, dem 28. März – im Vergleich zu einem durchschnittlichen Samstag im März 2019. Deutschland ist vielerorts kräftig blau gefärbt, weil die Mobilität um 40 Prozent und mehr gesunken ist.

Am Karsamstag (11. April) sind die dunklen Blautöne jedoch fast nur noch in Bayern zu finden - siehe nächste Karte. In einigen Regionen beträgt der Rückgang nicht einmal mehr 20 Prozent, sie sind auf der Karte gelb statt hellblau.

Am Ostersonntag (12. April) stieg die Mobilität weiter an - vor allem im Osten und im Norden - siehe folgende Karte. Um den Trend der letzten Wochen gut erkennen zu können, beziehen sich die Prozentangaben in allen drei Karten auf dieselben Durchschnittswerte für Wochentage im März 2019.

Der Hauptgrund für die Zunahme der Mobilität dürfte das immer wärmere und sonnigere Wetter sein. Doch hinter dem Phänomen steckt womöglich auch etwas anderes: der zunehmende Verdruss vieler Menschen über die wochenlangen Einschränkungen. Diesen Stimmungsumschwung hatte die Erfurter Psychologin Cornelia Betsch erst vor wenigen Tagen festgestellt - bei wöchentlichen Befragungen von 1000 Menschen.

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In den ersten Wochen der Krise sei noch alles gut gelaufen, konstatierte die Psychologin. Doch inzwischen sinke die Akzeptanz für die staatlich verordnete Kontaktsperre. Vor allem unter den Jüngeren wachse der Unmut.

Die Menschen trauen sich also wieder mehr raus als noch vor zwei Wochen. Grundsätzlich spricht auch nichts dagegen, bei schönem Wetter ins Freie zu gehen, solange der nötige Sicherheitsabstand gewahrt bleibt.

Wenn dabei jedoch die geltenden Kontaktsperren nicht mehr ernst genommen werden, droht ein Anstieg der Neuinfektionen. Dies zeigte auch eine Vorabsimulation des Infektionsgeschehens über die Osterfeiertage. Ihr Ergebnis: Zahlreiche Familienbesuche könnten die Ausbreitung der Pandemie in Deutschland erneut beschleunigen und die bislang erreichte Eindämmung zunichtemachen.

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