»Ungeimpft und unerpressbar« Verlag vermutet Impfgegner hinter verdächtiger Jobanzeigenhäufung

In deutschen Zeitungen sind zuletzt verstärkt ähnliche Jobanzeigen aufgetaucht: Darin suchen Pflegekräfte angeblich wegen der Impfpflicht neue Stellen. Nun wachsen Zweifel an der Echtheit der Inserate.
Stellenanzeigen im »Oberlausitzer Kurier«: 126 vermeintliche Gesuche von Beschäftigten aus dem Gesundheitswesen

Stellenanzeigen im »Oberlausitzer Kurier«: 126 vermeintliche Gesuche von Beschäftigten aus dem Gesundheitswesen

Foto: via www.imago-images.de / imago images/Andre Lenthe

Sie bezeichnen sich als »ungeimpft und unerpressbar« oder »impfstofffrei« und suchen einen »neuen Wirkungskreis«: Vorgebliche Pflegekräfte, die derzeit manche deutsche Zeitung mit Jobanzeigen fluten. Ab Mitte März – so der Tenor – könnten sie auf ihrer aktuellen Stelle nicht mehr arbeiten. Dann gilt die einrichtungsbezogene Impfpflicht für Klinik- und Pflegepersonal. Beschäftigte müssen nachweisen, dass sie gegen Corona geimpft oder von Corona genesen sind.

Die Häufung sich ähnelnder Inserate weckt nun Misstrauen. Mehrere Medien und Journalisten berichteten, dass die Inserenten überwiegend telefonisch gar nicht erreichbar seien, unpersönliche Abwesenheitsnachrichten hinterlassen hätten oder gleich auflegten. Im Raum steht der Verdacht, dass es sich zumindest teilweise um Falschanzeigen handeln könnte, hinter denen konzertierte Aktionen von Gegnern der Corona-Impfpflicht oder der Impfungen überhaupt stehen. Sie könnten versuchen, den Eindruck zu erwecken, dass die Impfpflicht für Pflegende den Sektor ins Chaos stürzen werde.

So verzeichnete der »Fränkische Tag« (Bamberg) mehr als 50 Anzeigen am Samstag. »Diese Häufung von sich ähnelnden Inseraten ist ungewöhnlich. Das wirkte auf den ersten Blick fast wie abgesprochen«, sagte Gerhard Staudt, Teamleiter des Auftragsmanagements der Mediengruppe Oberfranken.

Handynummer 0160-1234567890

Auch der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) berichtete am Wochenende  über »mehr als hundert vermeintliche Stellengesuche in einem Bautzener Anzeigenblatt«. RBB-Journalist Andreas Rausch beschrieb in dem Bericht, er habe am Samstag versucht, einige der 126 Annoncen-Aufgeber zu erreichen. Drei Viertel der Anzeigen hätten Handynummern, einzelne seien mit Festnetznummern versehen, der Rest laufe unter Chiffre.

Der Journalist schreibt, dass manche Nummern unvollständig oder wie die »0160-1234567890« nicht vergeben seien, oder es gehe niemand ans Telefon. Er macht 18 Versuche, erreicht aber niemanden.

Der »Fränkische Tag« berichtete, in einer Bamberger Chatgruppe von Gegnern der Coronamaßnahmen seien ungeimpfte Pflegekräfte dazu aufgerufen worden, die Zeitung mit Stellenanzeigen zu »fluten«. Unwiderlegbare Beweise für einen Zusammenhang zu der Häufung ähnlich lautender Inserate gebe es aber nicht. Die Zeitung vermutet laut dem Bericht dennoch, dass der Anzeigenteil des Blattes »zu einem Feld der gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung über die Impfpflicht geraten sein« könnte.

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In den vergangenen Tagen hatten manche Medien über die Anzeigen berichtet, ohne den Verdacht einer abgesprochenen Aktion groß zu thematisieren. »Viele Pflegekräfte suchen mit Anzeigen ab 16. März ein neue Stelle«, überschrieb etwas das »Hamburger Abendblatt« einen Artikel vom 18. Januar. Der Bayerische Rundfunk ergänzte einen Beitrag  erst später mit dem Hinweis, dass es zunehmend Zweifel an der Echtheit der Stellenanzeigen gebe.

Allerdings gibt es tatsächlich viele Menschen in der Pflegebranche, die eine neue Beschäftigung suchen. Das Jobportal Stepstone berichtete, dass im Dezember und Januar in einer aktuellen Untersuchung 42 Prozent der Beschäftigten in der Pflege angaben, dass sie auf der Suche nach einer neuen Arbeit seien.

In den meisten Fällen dürfte dahinter nicht die Impfpflicht stehen: Die Beschäftigten in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sind zum überwiegenden Teil geimpft. Viele Jobs in der Branche gelten aber gerade in Zeiten der Pandemie als extrem hart, und zahlreiche Pfleger fühlen sich unterbezahlt.

nis/dpa
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