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Fotografie Die Concorde

aus DER SPIEGEL 39/1995

hat wahrscheinlich an allem schuld, aber beweisen kann es keiner. Irgendwann Ende der achtziger Jahre gab es das Gerücht, daß Silikonimplantate bei überschallschnellen Transatlantikflügen explodieren, und wenig später kam Kate Moss daher. Sie war 14 und stand mit ihrem Vater an einem Flugschalter herum. Als der die Reservierung nicht geregelt bekam, verdrehte sie die Augen - und wurde entdeckt.

»Ein neuer Typ« heißt ein Mädchen wie sie in der Modesprache: Und neu war sie auch. Zumindest neu androgyn, neu spindeldürr, neu rebellisch; eine Streunerin, die nicht auf Zuruf lachte und auch sonst wenig auf Kommando tat.

So wenigstens wollte es bald ihr Image, und ein bißchen war es wohl tatsächlich so. Kate Moss tat all das, was Models sonst nicht tun. Sie aß Big Macs. Sie rauchte. Sie machte die Nächte durch. Sie hielt es mit einem schwierigen Burschen wie Johnny Depp länger als ein paar Stunden aus. Und jetzt ist sie 21, und renommierte Verlage geben einen Band mit künstlerischen Fotos heraus*.

»Das Buch handelt nicht von mir«, schreibt Kate Moss im Vorwort. Das seien nur Projektionen der Fotografen. Egal. Andere Models dürfen, wenn alles gutgeht, einen Kalender mit Badeanzugfotos veröffentlichen. Aber andere Mädchen stehen auch nicht unter dem Verdacht, das Zeitgeistmodel der neunziger Jahre zu sein. Mit ihren Kampagnen für Calvin Klein hat Kate Moss, was vorher als häßlich galt, in ein sexuelles Selbstbewußtsein _(* Schirmer / Mosel Verlag, München: ) _("Kate«. 144 Seiten; 49,80 Mark. )

verwandelt - und wurde damit zum umstrittenen Idol.

Werbung für Kindersex wurde ihr vorgeworfen und die Verherrlichung der Magersucht und Unzucht sowieso. Dem Magazin U.S. News & World Report war das einen Leitartikel wert. Ging ihr so etwas durch den Kopf bei diesen Aufnahmen? Die Antwort von Kate Moss: »Ich dachte nur: Darf ich endlich nach Hause gehen?«

Mittlerweile modellieren nicht nur Fotografen an ihr herum, auch Schriftstellerinnen wie die Amerikanerin Camille Paglia interpretieren sie hoch zum Prototypen jener neuen Mädchen, »die vom Feminismus mehr gelernt haben, als einen eigenen Aktenkoffer herumzuschleppen«.

Kate Moss erträgt auch das. Sie ist ja nur ein Model, das im Jahr rund sechs Millionen Mark verdient. Bloß auf eines legt sie seit neuestem Wert: Sie sei gar nicht so dünn. Sie habe den Büstenhalter ihrer Freundin Naomi Campbell anprobiert. Der habe gepaßt. Y

* Schirmer / Mosel Verlag, München: »Kate«. 144 Seiten; 49,80 Mark.

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