Eliot Spitzer und das Edel-Callgirl Das leichte Mädchen, das kein Monster sein will

Sie ist das Callgirl, das Eliot Spitzer im Hotelzimmer 871 empfing - eine Sexaffäre, die New Yorks Gouverneur das Amt kostete. Ashley Alexandra Dupré, 22, genießt plötzlich zweifelhaften Ruhm. Wer ist die Frau, die einen der ehrgeizigsten US-Politiker zu Fall brachte?

New York - "Ich war ganz allein. Ich hab Drogen genommen, ich war pleite und hatte kein Zuhause. Aber ich hab überlebt." Stolz und ein bisschen trotzig klingt es, wie sich Ashley Alexandra Dupré in ihrem MySpace-Profil beschreibt. Die Selbstinszenierung einer taffen jungen Frau, die so schnell nichts umhaut.

In diesen Tagen wird die 22-Jährige beweisen müssen, wie weit es tatsächlich her ist mit dieser selbstausgewiesenen mentalen Stärke.

Ashley Alexandra Dupé, so behauptet es die "New York Times", ist "Kristen": Das Callgirl also, mit dem sich New Yorks Noch-Gouverneur Eliot Spitzer, "Klient Nr. 9", am 13. Februar dieses Jahres im mittlerweile berühmten Zimmer 871 des Mayflower-Hotels in Washington vergnügte.

Der Politiker, der als Saubermann und Kämpfer gegen moralische Verwahrlosung Karriere machte, hatte die Edel-Prostituierte eigens aus New York einfliegen lassen. Sie traf ihre Kunden durch Vermittlung des exklusiven Callgirlrings "Emperor's Club V.I.P." - und kassierte für die Begegnung mit ihrem prominenten Freier 4000 Dollar, umgerechnet 2600 Euro.

"Sie ist der unfreiwillige Star in dem düsteren Drama um Gouverneur Spitzers Sturz", formuliert die "New York Times" bedeutungsschwanger in einem Porträt der jungen Frau, die nun unversehens zweifelhaften und unerwünschten Ruhm à la Monica Lewinsky genießt.

Callgirl "Kristen": 1000 Dollar pro Stunde

Der "Emperor's Club" führte "Kristen" in seiner Datei als "Amerikanerin, zierliche, sehr hübsche Brünette, 1,67 Meter groß, 52 Kilo."

Wer Kristen buchen wollte, musste 1000 Dollar pro Stunde berappen. Sie spielte somit in der mittleren Liga des "Emperor's Club"; die Stars des Callgirl-Rings, ausgewiesen durch sieben Diamanten, kassierten bis zu 4300 Dollar die Stunde.

Sie habe wenig geschlafen während der vergangenen Tage, sagte Dupré der "New York Times" in einem kurzen Telefoninterview. Schuld sei "der ganze Stress": "Das ist eine sehr schwere Zeit. Es ist kompliziert."

Dupré wird wohl demnächst als Zeugin aussagen müssen im Prozess gegen vier Angeklagte, denen vorgeworfen wird, den "Emperor's Club" geleitet zu haben.

"Ich möchte nicht, dass man mich für ein Monster hält", sagte Ashley Dupré, und das klingt so, als wisse sie selbst, dass dieser Appell bei manchem ungehört verhallen wird. Wie viele Freunde übrig bleiben werden von den immerhin 1800, die bei MySpace geführt sind, wird sich zeigen.

Mit sanfter Stimme und in anscheinend "guter Verfassung", schreibt die "New York Times", gab Dupré Auskunft über ihre derzeitige Lebenssituation.

Sie hat Sorgen. Momentan wisse sie nicht, wie sie die Miete für ihr Apartment im 9. Stock eines Mietshauses in Manhattan zahlen solle, da sie sich gerade von ihrem Freund getrennt habe - sie hatte herausgefunden, dass der Mann zwei Kinder hatte, er habe sie daraufhin "sitzen gelassen".

Mit 17 Jahren von zu Hause abgehauen

Es klingt wie pure Ironie: Die Frau, die dazu beitrug, dass ein Politiker zu Fall kam, der neben Hillary Clinton als einer der ehrgeizigsten New Yorks galt, flüchtet nun in den Schoß ihrer Familie. Ins spießige, miefige New Jersey. "Ausspannen" wolle sie dort, sagt Dupré.

Unwahrscheinlich, dass es ihr gelingt. Reporter drangen zum Haus der Familie in New Jersey vor, stellten Ashleys Bruder Kyle am Telefon. "Ich rede alle fünf Minuten mit meiner Schwester, seit das alles passiert ist", sagte Kyle, und man ahnt, welchem medialen Sperrfeuer die Familie zurzeit ausgesetzt sein mag. "Sie versucht einfach nur, das Ganze jetzt durchzustehen."

Anders als die bislang berühmteste Politiker-Gespielin Monica Lewinsky, deren Vita bis zum Praktikum im Weißen Haus die einer behüteten höheren Tochter war, scheint es für Ashley Alexandra Dupré nicht eben rosig im Leben gelaufen zu sein. Mit 17 Jahren sei sie von zu Hause abgehauen, schreibt sie auf MySpace; sie habe ihre "kaputte Familie" verlassen, sei dort "missbraucht" worden.

"Ich hab gelernt, was es heißt, alles zu haben und es zu verlieren", schrieb sie, "wieder und wieder."

Ihre Mutter, Carolyn Capalbo, 46, bemüht sich, diesen allzu negativen Eindruck zu relativieren. Ihre Tochter habe die Highschool abgeschlossen, zitiert die "New York Times" Capalbo. "Sie war ein typischer Teenager, der rebellieren wollte, aber heute stehen wir uns sehr, sehr nahe."

Sie sei "total schockiert" gewesen, sagte Mutter Capalbo, als ihre Tochter sie vergangene Woche anrief, um ihr mitzuteilen, dass sie bei einem "Escort Service" gearbeitet und nun Probleme mit dem Gesetz habe. Ob ihre Tochter im Februar gewusst habe, um wen es sich bei ihrem Klienten Eliot Spitzer handelte, könne sie nicht sagen, so Capalbo.

"Sie ist ein sehr aufgewecktes Mädchen"

Duprés großer Traum ist es offenbar, Musikerin zu werden. Nach einer Odyssee von New Jersey nach North Carolina, Miami, Washington D.C., Virginia und Austin, Texas, verschlug es sie schließlich 2004 nach New York. Dort habe sie ein "Unterhaltungsunternehmen" namens "Pasche New York" gegründet, gab ihr Anwalt mittlerweile Auskunft, um "ihre Gesangskarriere zu befördern".

Als Vorbilder nennt Dupré stimmgewaltige Powerfrauen wie Patsy Cline, Christina Aguilera, Mary J. Blige und Whitney Houston. Beim "Stones"-Konzert sei sie gewesen, in der Radio City Music Hall, "ein Freund" habe ihr zwei Tickets geschenkt. "Unglaublich toll" sei es gewesen. "Alles in meinem Leben dreht sich um Musik. Sie ist in allem, was hinter mir liegt, was ich erlebt habe und was ich fühle."

Unter der Dusche habe sie eines Tages eine Version von Aretha Franklins "Respekt" geröhrt. Der Musiker, mit dem sie damals ihre Wohnung teilte, habe das gehört und sei vor Entzücken mit seinem Kumpel, einem Gitarristen, ins Badezimmer gestürmt.

Die "New York Times" hat herausgefunden, dass Dupré 2006 ihren Namen änderte, sich von "Ashley R. Youmanns" in "Ashley Rae Maika DiPietro" umbenennen ließ. Im Interview habe sie sich jedoch als "Ashley Alexandra Dupré" ausgewiesen. So nennt sie sich auch bei MySpace.

"What we want" heißt die tanzbare Nummer, mit der Dupré bei "MySpace" ihre Gesangkünste unter Beweis stellt. "I know what you need", gurrt sie verheißungsvoll. "Can you handle me?", frei zu übersetzen mit: "Bist du mir gewachsen?"

"Sie ist ein sehr aufgewecktes Mädchen", sagt Duprés Mutter Carolyn Cabalbo, "jemandem wie dem Gouverneur war sie ganz gewiss gewachsen. Aber sie ist eben auch erst 22 Jahre alt, nicht 32 oder 42, und sie ist da in etwas reingeraten, das viel größer ist als sie."

pad/AP

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