Polizeiskandal in USA Wutwelle nach tödlichen Schüssen auf Rottweiler
Hawthorne - Es ist ein Drama mit Ansage. Draußen auf dem Bürgersteig legen sie Leon R. gerade Handschellen an, einem Mann in kurzen Hosen, der eigentlich nichts weiter getan hat, als einen Polizeieinsatz mit seinem Handy zu filmen. Und ein paar Meter weiter, in einem schwarzen Mazda, sitzt Max, ein Rottweiler von zwei Jahren, und dreht beinahe durch. Weil seinem Herrchen Gefahr droht und er ihm helfen möchte.
Knapp vier Millionen mal wurde das YouTube-Video des Vorfalls vom Sonntagabend bereits angeklickt: 3 Minuten und 35 Sekunden aus dem Polizeialltag im Großraum Los Angeles. Schwer zu ertragen ist der Film, an dessen Ende ein Hund auf offener Straße erschossen wird, vor den Augen entsetzter Passanten.
Offenbar zufällig war Leon R. in seinem Kleinwagen vorbeigekommen, als es in Hawthorne einen Großeinsatz der Polizei gab. Ein mutmaßlicher Räuber hatte sich in einem Haus verschanzt, vor der Tür mehrere Streifenwagen, ein Panzerfahrzeug, automatische Waffen im Anschlag. Leon R. stieg aus, nahm Max an die Leine und begann, die Arbeit der Cops mit der Handykamera zu filmen.
Musik aus dem Autoradio zu laut
Der "Los Angeles Times" zufolge fühlten sich die Beamten durch den Beobachter in ihrer Arbeit gestört. Die Zeitung zitiert einen Polizeisprecher mit den Worten, R. sei ihnen mit dem knapp 40 Kilo schweren Hund zu nahe gekommen, außerdem sei die Musik aus dem Autoradio zu laut gewesen.
Wie die Zeitung "Torrance Daily Breeze" berichtet, hätten die Polizisten R. mehrfach gebeten, das Radio leiser zu drehen. Dieser habe sich aber geweigert. Nach dem Ende der Polizeiaktion hätten zwei Officer R. schließlich bedeutet, er möge seinen Hund ins Auto setzen, weil sie ihn festnehmen wollten.
Im Video ist zu sehen, wie der 52-Jährige den Aufforderungen folgt, Max auf den Rücksitz seines Mazdas lässt und sich widerstandslos den Polizisten stellt. Erst als diese R. die Handschellen anlegen, fängt der Rottweiler an zu bellen, schließlich zwängt er sich aus dem Wagenfenster und rennt auf sein Herrchen zu. Als der Hund Anstalten macht, die Männer anzugreifen, eröffnet ein Polizist das Feuer: Vier Schüsse aus nächster Nähe, jaulend und zappelnd verendet Max. Im Video hört man die entsetzten Schreie von Passanten und Anwohnern.
"Ich hoffe, er ist stolz auf sich"
"Max hätte niemals so sterben müssen", sagte Leon R. später der "Los Angeles Times". "Er wollte nur sein Herrchen beschützen." Für ihn ist der Fall ohnehin klar: Der Zeitung zufolge vermutet der Afroamerikaner einen Racheakt der Polizei. Er selbst habe im März Anzeige gegen das Präsidium erstattet, weil man ihn bei einem Vorfall im Juli 2012 misshandelt und zu Unrecht eingesperrt habe. Die Polizei streitet diesen Vorwurf ab. Die Zeitung zitiert allerdings auch R.s Anwalt Michael Gulden - ihm zufolge war einer der damals beteiligten Polizisten auch bei dem Einsatz am Sonntag vor Ort.
Gefilmt hat die letzten Minuten in Max' Hundeleben ein Anwohner, der ebenfalls mit der Smartphone-Kamera auf der Straße stand. Seit sich sein Video im Netz verbreitet, sieht sich die Polizei in Hawthorne einem Sturm der Entrüstung gegenüber. Dem "Torrance Daily Breeze" zufolge brach die Webseite der Stadt unter dem Ansturm zusammen; Tausende User aus aller Welt machen ihrem Ärger auf der Facebook-Seite des Polizeipräsidiums Luft. "Ich hoffe, dieser Polizist ist stolz auf sich", schreibt einer, "Ich hoffe, er hat weinende Kinder zu Hause, die sich fragen, warum sie so einen bösen Vater haben."
Auch Morddrohungen gibt es nach Polizeiangaben bereits, per E-Mail und per Telefon. "Eine Menge Leute rufen an, beschimpfen uns und nennen uns Hundemörder", sagte Sprecher Scott Swain dem "Torrance Daily Breeze". Der Zeitung zufolge wurden die beteiligten Polizisten inzwischen in den Innendienst versetzt - aus Sorge um ihre Sicherheit.
Unterdessen warb Swain um Verständnis für die Männer. "Die Leute sollten sich in die Polizisten hineinversetzen, die an diesem Abend vor Ort waren", zitiert ihn das Blatt. "Es war ein langer Einsatz und eine angespannte Situation. Denken Sie an diese Beamten und an den 50 Kilo schweren Rottweiler, der auf sie losging."
Hundebesitzer Leon R. machte inzwischen klar, dass er keine Rache wolle. "Wir dürfen nicht zu Gewalt greifen, wie es diese Polizisten getan haben", sagte er auf CBS, und fügte hinzu: "Bitte bedrohen Sie diese Leute nicht!" Er selber wurde bereits am Morgen nach dem Vorfall wieder auf freien Fuß gesetzt. Nur sein Handy wollte man ihm noch nicht wiedergeben.