Bericht der Kinderschutzbeauftragten Schwarze Kinder in England und Wales sechsmal häufiger einer Leibesvisitation unterzogen als weiße

Die britische Polizei soll schwarze Kinder unverhältnismäßig oft für Leibesvisitationen ins Visier nehmen. Auslöser der Untersuchung war der Fall einer 15-jährigen Schülerin in London.
Proteste gegen Polizeigewalt in England im Februar

Proteste gegen Polizeigewalt in England im Februar

Foto: Laura Gaggero / aal.photo / IMAGO

Gegen die britische Polizei gibt es erneut Vorwürfe wegen rassistischer Diskriminierung sowie Demütigungen. Wie ein am Montag veröffentlichter Bericht der Kinderschutzbeauftragten Rachel de Souza  zeigt, führten Polizisten zwischen 2018 und Mitte 2022 in England und Wales insgesamt 2847 Leibesvisitationen bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 10 bis 17 Jahren durch. Dabei war es – gemessen am Bevölkerungsanteil – sechsmal wahrscheinlicher, dass schwarze Kinder kontrolliert wurden. In mehr als der Hälfte der Fälle waren keine erwachsenen Vertrauenspersonen anwesend, in 95 Prozent waren Jungen betroffen.

Kinder und Jugendliche im Stich gelassen

De Souza sprach von »Beweisen für eine zutiefst besorgniserregende Praxis« mit einer »weit verbreiteten Nichteinhaltung« gesetzlicher Schutzmaßnahmen. Kinder und Jugendliche würden von denen, die sie schützen müssten, im Stich gelassen, kritisierte sie.

Die Untersuchung war in Auftrag gegeben worden, nachdem eine 15 Jahre alte schwarze Schülerin in ihrer Londoner Schule zum Ablegen ihrer Kleidung gezwungen und auf Drogen durchsucht wurde – obwohl sie ihre Periode hatte. Die Eltern waren nicht informiert worden und keine Lehrerinnen dabei. Drogen wurden nicht gefunden.

»Traumatisierende und aufdringliche Praxis«

Die zuständige Hilfsorganisation der Church of England, The Children's Society , betonte, die Ergebnisse zeigten, dass schwarze Kinder »dieser traumatisierenden und aufdringlichen Praxis« überproportional ausgesetzt seien. Der Thinktank Runnymede Trust  forderte, die Polizeibefugnisse für Leibesvisitationen aufzuheben. »Negative, tyrannische Begegnungen mit staatlichen Institutionen erzeugen nur weiteres Misstrauen und sind der Grund dafür, warum die Polizei in unseren Gemeinden versagt«, betonte die Organisation. Erst vor einer Woche hatte ein Untersuchungsbericht der Londoner Polizei vorgeworfen, sie sei institutionell rassistisch.

Bei der großen Mehrheit der Fälle (86 Prozent) wurden die Durchsuchten verdächtigt, Drogen dabei zu haben. 9 Prozent drehten sich um Waffen und 2 Prozent um Diebstahl.

In 37 Prozent der Fälle wurde der vermutete Gegenstand gefunden, in fast einem Viertel der Fälle nicht. In 14 Prozent der Durchsuchungen wurde zudem zwar etwas gefunden, das jedoch mit dem ursprünglichen Grund der Suche nichts zu tun hatte. Bei einem weiteren Viertel wurde das Ergebnis der Suche nicht oder mit dem Vermerk »unbekannt« dokumentiert.

swe/dpa
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