Streit um Letzten Willen War Herr K. ein netter Nachbar - oder wollte er ihr Geld?

Eine alte Dame aus Baden-Baden vermacht ihr Vermögen einem Fremden. Die Angehörigen halten den Mann für einen Erbschleicher. Er sagt, er habe geholfen, weil es sonst niemanden gab.
Foto: Christin Klose/ picture alliance

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Ein halbes Jahr nach dem Tod von Waltraud S. erreichte eine Mail die SPIEGEL-Redaktion: "Wir hatten eine Verwandte, die hochbetagt im letzten September in Baden-Baden verstorben ist. Sie war vermögend, und die Umstände um ihren Tod geben Anlass zur Annahme, dass es dabei um Erbschleicherei ging. Wir würden uns freuen, wenn Sie Interesse an der Geschichte haben. Mit freundlichen Grüßen." 

Ilse Leibelt, selbst schon 85, hat diese Mail gemeinsam mit ihrer Tochter geschrieben. Die beiden empfangen in einer kleinen Wohnung in Hannover, Hochparterre. Sie zeigen Fotos, auf denen die Verwandte zu sehen ist, um deren Vermögen es geht: Waltraud S., eine elegante Frau, graue gewellte Haare, weiße Bluse, weißer Blazer, Perlenkette. Sie wurde 103 Jahre alt. 

Ilse Leibelt und ihre Tochter sehen etwas Generelles im Fall von Waltraud S.: Woran kann man den freien Willen von alten Menschen erkennen? Wie leicht ist es, ihr Vertrauen zu erschleichen? Wie leicht ist es, dieses Vertrauen zu missbrauchen? Und wer schützt die Alten? In der Mail heißt es: "Das Gesetz scheint diesbezüglich lückenhaft zu sein und begünstigt kriminelle Machenschaften." 

Ilse Leibelt erzählt ihre Version der Geschichte: Waltraud lebte seit Anfang der Achtzigerjahre in Baden-Baden. Mit ihrem Lebensgefährten Kurt, einem Bankdirektor aus Hannover, war sie in eine Altbauwohnung gezogen, Balkon mit Blick über die Stadt, Casino, Theater. Ilses Mann war Kurts Patenkind. Sie und Waltraud waren also nicht verwandt, die Familien standen sich allerdings nah. Und als Kurt schwer krank wurde, schon ein paar Jahre nach dem Umzug, so erzählt es Ilse, habe Kurt sie gebeten: "Dann lasst ihr Tante Waltraud nicht im Stich, bitte." 

Waltrauds Ehemann war im Krieg gefallen, ihre einzige Tochter war mit drei Jahren verstorben. Ilse versprach es.

Sie telefonierten alle zwei, drei Wochen, trafen sich ab und an. Waltraud fand sich in ihrem neuen Leben zurecht, hatte Freundinnen, fuhr auf Busreise, ging gern mit Täschchen und weißen Handschuhen zum Mittag- und zum Silvesteressen ins erste Hotel am Platz, in Brenners Park-Hotel. 

Waltraud hatte in Hannover bei der Landwirtschaftskammer gearbeitet, sie interessierte sich, sprach gern über Politik. Nur: Sie bekam nicht gern Besuch. Sie regelte ihre Dinge gern selbst. Mit 95 putzte sie noch die Fenster ihrer Altbauwohnung, sie hatte ihren eigenen Kopf. 

Es war Anfang des Jahres 2017, da hatte Waltraud mal wieder mit Ilse telefoniert. 

"Ilse, der will immer meine Sachen tragen", sagte Waltraud. 

"Wer denn?", fragte Ilse. 

"Na, dieser Mann", sagte Waltraud, so erinnert Ilse sich. 

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