

Tokio - Neue schlechte Nachrichten aus dem Kernkraftwerk in Fukushima: An mehreren Stellen in dem Unglücks-AKW wurden Spuren von Plutonium im Boden gefunden. Das berichten die Nachrichtenagenturen Reuters und Kyodo unter Berufung auf den Kraftwerksbetreiber Tepco. Eine Gefährdung für die menschliche Gesundheit besteht laut den Tepco-Angaben allerdings nicht.
Das Plutonium sei an insgesamt fünf Stellen nachgewiesen worden. Dem Kraftwerksbetreiber Tepco zufolge stammt es aus Brennstäben der Anlage, die bei dem schweren Erdbeben am 11. März und dem anschließenden Tsunami schwer beschädigt wurde. Aus welchem Block das Material kommt, war zunächst nicht bekannt.
Tepco hatte zuvor Bodenproben vom Gelände der havarierten Anlage von unabhängigen Spezialisten auf das hochgiftige Plutonium untersuchen lassen. In Fukushima gilt Block 3 als besonders gefährlich, weil es sich bei dessen Brennelementen um Plutonium-Uran-Mischoxide (Mox) handelt.
Welche Menge des hochgiftigen Materials gefunden wurde, war ebenfalls zunächst unklar. Das radioaktive Plutonium 239 entsteht aber auch in gewöhnlichen Kernreaktoren, die ohne Mox-Brennstäbe arbeiten, in gewissen Mengen als Nebenprodukt. Das Nuklid gehört zu den sogenannten Alphastrahlern (siehe Kasten) und hat eine Halbwertszeit von 24.000 Jahren. Gelangt es in den Körper, können schwere Schäden entstehen. Schon geringste Mengen genügen, um eine relativ hohe Strahlenbelastung auszulösen. Plutonium 239 kann sich in Knochen und Leber festsetzen und Krebs auslösen.
"FAZ": Tepco kaufte kein System gegen Wasserstoff-Explosionen
Im Nachbarland Südkorea sind derweil vermutlich die ersten Spuren der Radioaktivität aus Japan angekommen. Das teilte am Montag das koreanische Institut für Nuklearsicherheit in Taejon mit. Danach wurden geringe Konzentrationen an Xenon-133, eines radioaktiven Isotops des Edelgases, im Nordosten des Landes gemessen. Die Konzentration sei jedoch so gering, dass keine Gefahr für die Gesundheit der Menschen vorliege.
Das Institut teilte weiter mit, dass es zweimal täglich Luftproben an seinen Messstationen im ganzen Land entnehmen und auf Radioaktivität hin testen wolle. Bisher war das einmal die Woche der Fall.
Unterdessen berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung", dass man die Wasserstoffexplosionen im Fukushima I mit der richtigen Technik hätte vermeiden können. Tepco habe von westlichen Unternehmen vor Jahren ein Wasserstoff-Vernichtungssystem angeboten bekommen, heißt es in dem Bericht. Doch der Betreiber habe damals auf die Investition verzichtet.
Branchenkenner gehen dem Bericht zufolge davon aus, dass sich die Wasserstoffexplosionen, die sich nach der Havarie der Reaktoren in Fukushima ereigneten, mit einer solchen Anlage hätten vermeiden lassen. Allerdings habe das Öko-Institut auch diese Technik schon wegen Sicherheitsbedenken kritisiert.
Inzwischen hat der Chef der internationalen Atomenergiebehörde IAEA, Yukiya Amano, angekündigt, dass er eine Konferenz einberufen wolle, um über den Atomunfall von Fukushima zu beraten. Dazu sollten noch vor dem Sommer alle 151 Mitgliedstaaten zusammenkommen. Das Treffen solle in Wien auf hoher politischer Ebene stattfinden, sagte Amano am Montag bei einer Pressekonferenz in der österreichischen Hauptstadt. Ziel solle es sein, über Verbesserungen der nuklearen Sicherheit zu reden.
Bei einem Japan-Sondertreffen des IAEA-Gouverneursrates hatte Amano schon am Montag vergangener Woche eine Diskussion über verschärfte und möglicherweise verpflichtende nukleare Sicherheitsstandards gefordert. Inzwischen gebe es viele Stimmen, die Ähnliches fordern, sagte der Diplomat. Die Situation in Fukushima in Japan sei weiterhin sehr ernst - und weit von einer Entspannung entfernt.
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Unglücks-AKW in Fukushima: In Reaktor 2 hat es nach Einschätzung der japanischen Regierung eine vorübergehende teilweise Kernschmelze gegeben. Zudem wurde bekannt, dass an mehreren Stellen Spuren von Plutonium im Boden gefunden wurden. Die Proben wurden nach Angaben von Tepco bereits vor einer Woche genommen.
Die Regierung gehe davon aus, dass die Kernschmelze lediglich vorübergehend sei, betonte Edano dem Bericht zufolge. In vier Reaktoren stand zuletzt verstrahltes Wasser. Hier ist das zerstörte Gebäude von Block 4 zu sehen. Im Kampf gegen den drohenden Super-GAU bittet AKW-Betreiber Tepco nun französische Firmen um Hilfe. Es seien Unternehmen wie EdF und Areva angesprochen worden, meldete die Nachrichtenagentur Kyodo.
Scharfe Kritik musste sich der AKW-Betreiber wegen widersprüchlicher Angaben zu den Strahlenwerten in Fukushima gefallen lassen. Das sei "inakzeptabel", sagte Edano. Hier ein Bild von Block 4.
Das Kraftwerk Fukushima I: In der vergangenen Woche waren drei Arbeiter schwer vertrahlt worden, weil sie in Block 3 mit radioaktivem Wasser in Berührung kamen.
Ein US-Schiff mit Wasser auf dem Weg nach Fukushima. Die Reaktoren des Kraftwerks sollen verstärkt mit Süßwasser gekühlt werden, um Schäden durch Salz zu verhindern.
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