Besuch an Absturzstelle: Merkel gedenkt der Unglücksopfer
Foto: Daniel Naupold/ dpaParis - Seyne-les-Alpes - Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Absturzregion des verunglückten Germanwings-Flugzeugs besucht. Gemeinsam mit Frankreichs Präsident François Hollande, Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy sowie Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft gedachte Merkel der Opfer der Flugzeugkatastrophe. Die Politiker trafen sich in Seyne-les-Alpes, wenige Kilometer entfernt von der Absturzstelle in dem schwer zugänglichen Gelände des Alpenmassivs.
Merkel informierte sich über die schwierige Bergung von Opfern und Trümmern und dankte den französischen Helfern. "Das ist ein Zeichen unglaublicher Freundschaft und Hilfe", sagte sie. Mit Hollande hatte sie die Absturzstelle überflogen.
Lufthansa-Chef Carsten Spohr sprach in Düsseldorf mit Angehörigen der Opfer. "Das war mit Abstand das Schlimmste der letzten 20 Jahre - seit ich in dieser Branche bin", sagte er. Man werde den Betroffenen jede erdenkliche Hilfe gewähren - sei sie psychologischer oder finanzieller Art. Am Donnerstag würden für die Angehörigen und ihre Betreuer Sonderflüge nach Marseille starten. Für Germanwings-Crews, die nach dem Absturz nicht hätten fliegen wollen, habe er volles Verständnis, sagte Spohr. Sie seien zum Teil mit den Opfern befreundet gewesen.
An Bord der über Frankreich abgestürzten Maschine waren nach neuen Erkenntnissen der Fluggesellschaft 72 Deutsche, sagte Germanwings-Chef Thomas Winkelmann am Flughafen Köln/Bonn. Germanwings hatte zunächst von 67 Deutschen gesprochen, zugleich aber betont, dass sich die Zahl noch ändern könne. Die Opferliste werde fortlaufend aktualisiert.
In der Maschine hätten sich auch 35 Spanier befunden, sagte Winkelmann. Je ein Opfer stammte demnach aus Großbritannien, den Niederlanden, Kolumbien, Mexiko, Japan, Dänemark und Israel. Je zwei Menschen an Bord kamen aus Australien, Argentinien, Iran, Venezuela und den USA.
Winkelmann zufolge konnte bis Mittwochvormittag zu insgesamt 123 Opfer-Familien Kontakt aufgenommen werden, zu den Angehörigen von 27 weiteren Passagieren werde mithilfe des Auswärtigen Amtes noch versucht, in Kontakt zu treten. Die Betreuung der Angehörigen habe "höchste Priorität", sagte Winkelmann.
Bergung wird "Tage oder Wochen dauern"
Der Airbus A320 war am Dienstagvormittag auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf in den südlichen französischen Alpen abgestürzt. An Bord der Maschine waren 144 Passagiere und sechs Besatzungsmitglieder.
Auch am Tag danach ist die Ursache der Katastrophe noch unklar. Französische Ermittler durchkämmten am Mittwoch zu Fuß das Gelände rund hundert Kilometer nördlich von Nizza, wo der Airbus an einem Berg zerschellt war.
Von der nahe der Unglücksstelle gelegenen Ortschaft Seyne in den französischen Alpen starteten am Morgen mehrere Hubschrauber mit Polizisten an Bord zum Absturzort. "Vorrang hat, den Ort des Absturzes zu sichern, damit die Ermittler anschließend kommen und unter sicheren Bedingungen arbeiten können", sagte ein Sprecher des französischen Innenministeriums. Die Bergung wird den Angaben zufolge "Tage oder Wochen" dauern.
Die Flugzeugtrümmer sind den Angaben zufolge auf einem Gebiet von insgesamt rund vier Hektar verteilt. Es gebe kaum größere Flugzeugteile, sagte ein Ermittler.
Explosion in der Luft scheint ausgeschlossen
Bei der Suche nach der Unglücksursache ruhen viele Hoffnungen auf den Flugschreibern. Eine der beiden Blackboxes, der am Dienstag geborgene Stimmrekorder, wurde nach Paris zur französischen Luftfahrtermittlungsbehörde BEA gebracht. Erste Ergebnisse der Auswertung werden für den späten Nachmittag erwartet.
"Die Blackbox ist beschädigt", sagte der französische Innenminister Bernard Cazeneuve dem Rundfunksender RTL. "Wir werden sie in den nächsten Stunden reparieren müssen, um diese Tragödie aufklären zu können." Der Stimmrekorder zeichnet die Geräusche im Cockpit auf - also die Gespräche der Piloten wie auch mögliche Alarmsignale. Die zweite Blackbox, der Flugdatenschreiber, wurde bislang nicht gefunden.
Die zuständige Staatsanwaltschaft von Marseille hat inzwischen Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung eingeleitet. Auch die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft ermittelt.
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Wrackteil der verunglückten Germanwings-Maschine in den südfranzösischen Alpen: Am Tag nach dem Unglück laufen die Bergungsarbeiten an. Ein Augenzeuge sagte, das Flugzeug sei durch den Aufprall "pulverisiert" worden.
Nur bei wenigen Trümmerteilen ist die Zuordnung zu der Unglücksmaschine sofort ersichtlich - viele Wrackbruchstücke sind sehr klein.
Der Absturzort ist nur aus der Luft oder zu Fuß zu erreichen. Hier macht sich ein Hubschrauber der Gendarmerie von Seyne-les-Alpes auf den Weg.
Trümmerteile am Berghang: Die Teile des Airbus sind auf mehrere Hektar verteilt - laut dem französischen Innenministerium ein Indiz dafür, mit welcher Wucht die Maschine gegen den Hang geprallt sein muss.
Polizisten blockieren eine Zufahrt zu der Gegend, in der das Flugzeug abstürzte.
Die Wrackteile der Maschine liegen an steilen Hängen einer abgelegenen Bergregion.
Französische Soldaten beim Aufstieg zur Absturzstelle: Mit Fahrzeugen ist der Unglücksort nicht zu erreichen.
Der Cockpit-Sprachrekorder des abgestürzten Airbus A320: Das Gerät wurde durch den Aufprall beschädigt, Experten hoffen dennoch, dass es Informationen liefert, die zur Aufklärung des Unglücks beitragen können.
In Seyne-les-Alpes wurde ein Gebäude als provisorische Leichenhalle ausgestattet. Hierher sollen die sterblichen Überreste der Absturzopfer gebracht werden - laut Polizei überlebte keiner der 150 Menschen an Bord.
Besonders hart traf es die Stadt Haltern am See in Nordrhein-Westfalen. In der Unglücksmaschine saßen 16 Schüler und zwei Lehrer des Joseph-König-Gymnasiums; die Gruppe war auf der Rückreise von einem Schüleraustausch.
Nordrhein-Westfalens Schulministerin Sylvia Löhrmann legte an der Schule Blumen nieder.
Bei einer Pressekonferenz wandten sich Halterns Bürgermeister Bodo Klimpel (l.), Schulleiter Ulrich Wessel und Löhrmann an die Öffentlichkeit. Wessel sagte, der Absturz mache ihn fassungslos und wortlos. "An unserer Schule wird nichts mehr so sein, wie es vorher war." Laut Löhrmann sind an der Schule fünfzig Seelsorger im Einsatz.
Beileidsbekundungen, Kerzen und Blumen in der Abflughalle des Düsseldorfer Flughafens: An dem Airport sollte die verunglückte Maschine am Dienstag landen.
Fahnen von Germanwings und der Muttergesellschaft Lufthansa wehten nicht nur am Flughafen Leipzig-Halle im Gedenken an die Absturzopfer auf Halbmast.
Der Lufthansa-Konzern rief seine Mitarbeiter zu einer Schweigeminute um 10.53 Uhr auf. Zu dieser Zeit war die Germanwings-Maschine am Dienstag verunglückt.
Die Lufthansa legte auch ein Kondolenzbuch aus. Hier trägt sich ein Mitarbeiter ein.
Germanwings-Chef Thomas Winkelmann sagte bei einer Pressekonferenz, nach jüngsten Erkenntnissen seien 72 Deutsche und nicht wie zunächst angenommen 67 Bundesbürger an Bord der Maschine gewesen. Die Zahl könne sich noch ändern. Bei einigen Opfern sei die Nationalität noch unklar. Das liege an doppelten Staatsangehörigkeiten. 123 Familien von Opfern seien kontaktiert worden und würden psychologisch betreut. Bei 27 Passagieren, deren Namen bekannt seien, sei dies - Stand Mittwochmittag - noch nicht gelungen.
Die Unglücksstelle liegt nicht weit von Barcelonnette im Département Alpes-de-Haute-Provence.
Die Witterungsbedingungen an der Absturzstelle sind offenbar besser als erwartet: Es regnet und schneit nicht, auch der Wind soll sich in Grenzen halten.
Größeres Wrackteil: Hier sind ein paar Flugzeugfenster zu erkennen.
Hubschrauber der Gendarmerie auf dem Weg zur Absturzstelle: Erste Bergungsteams sollen dort am Vormittag eintreffen.
Insgesamt sollen einige Hundert Einsatzkräfte die Bergungsarbeiten voranbringen - die könnten dennoch viele Tage in Anspruch nehmen.
Das Unglück hat international große Bestürzung ausgelöst - Journalisten aus vielen Ländern berichten aus Seyne-les-Alpes.
Feuerwehrleute warteten am Mittwochvormittag nahe der Absturzstelle auf den Beginn einer Gedenkfeier.
Ein Feuerwehrmann befestigt an einem Zelt eine spanische Fahne mit Trauerflor. In dem Zelt sollen Angehörige der Absturzopfer und sonstige Trauernde Gelegenheit bekommen, der Toten zu gedenken.
Im Kongresszentrum von Digne-les-Bains wurde ein Raum vorbereitet, um als Unterkunft für die Angehörigen der Absturzopfer zu dienen. Mitarbeiter des Roten Kreuzes werden die ersten Ankömmlinge in Empfang nehmen.
Dutzende der insgesamt 144 verunglückten Passagiere kamen aus Deutschland. Im Gedenken an die Unglücksopfer wehten die Europa- und Deutschlandfahne vor dem Bundeskanzleramt in Berlin auf Halbmast.
Auch auf dem Reichstagsgebäude wehten die Flaggen auf halbmast.
Düstere Titelseiten überall: Nicht nur in spanischen Zeitungen ist der Flugzeugabsturz das beherrschende Thema.
In Seyne-les-Alpes haben sich zahlreiche TV-Teams und Übertragungswagen eingefunden. An der Unglücksstelle werden am Nachmittag Bundeskanzlerin Merkel, Spaniens Regierungschef Rajoy und Frankreichs Präsident Hollande erwartet.
Bundeskanzlerin Angela Merkel ist am Mittwoch in der Region des Absturzortes in Südostfrankreich eingetroffen.
Gemeinsam mit Frankreichs Präsident François Hollande und dem spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy wollte Merkel der Opfer der Flugzeugkatastrophe gedenken und mit Angehörigen der vermutlich 150 Toten vor allem aus Deutschland und Spanien zusammenkommen.
Merkel, Hollande und Rajoy trafen sich dazu in Seyne-les-Alpes, wenige Kilometer entfernt von der Absturzstelle in dem schwer zugänglichen Gelände des Alpenmassivs.
Merkel dankte den Polizisten, Gendarmen, Feuerwehrleuten, Sanitätern, Soldaten für deren Einsatz. "Das ist ein Zeichen unglaublicher Freundschaft und Hilfe. Wir sind sehr dankbar", sagte Merkel.
Gemeinsam mit Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft informierte sich Merkel aus erster Hand über die schwierige Bergung von Trümmern und Opfern.
Hollande und Rajoy umarmten sich.
Die Politiker sprachen in Seyne-les-Alpes ausführlich mit Vertretern der Einsatzkräfte.
Polizisten im Lagezentrum in Seyne-les-Alpes: Die Einsatzkräfte stehen vor einer komplizierten Bergungsmission.
Nach ihrem Besuch am Lagezentrum der Einsatzkräfte gaben Merkel, Hollande und Rajoy eine gemeinsame Pressekonferenz.
Es ist eine wahrhafte Tragödie, das hat uns der Besuch heute noch einmal vor Augen geführt", sagte Merkel.
EU-Ratspräsident Donald Tusk und Mitglieder des EU-Parlament gedachten in Brüssel mit einer Schweigeminute der Opfer des Absturzes.