Germanwings-Flug 4U9525 Nur ein Pilot war beim Absturz im Cockpit
Beim Absturz der Germanwings-Maschine war nur ein Pilot im Cockpit. Das berichten die "New York Times" und mehrere Nachrichtenagenturen, laut Reuters hat ein deutscher Ermittler die Angaben bestätigt. Der andere Pilot versuchte offenbar bis zuletzt vergeblich, die Tür zu öffnen.
Das ist passiert:
- Beim Absturz des Germanwings-Airbus A320 in Südfrankreich sind offenbar alle 150 Insassen gestorben, darunter mindestens 72 Deutsche.
- Der Cockpit-Sprachrekorder wurde geborgen und die Audiodatei darauf gesichert.
- Laut "New York Times" und AFP geht aus den Aufzeichnungen der Blackbox hervor, dass beim Absturz nur ein Pilot im Cockpit saß. Sein Kollege versuchte vergeblich, die Tür zu öffnen.
"Der Mann draußen klopft leicht an die Tür, aber niemand reagiert", zitiert die Zeitung einen Ermittler. "Dann klopft er stärker an die Tür, und wieder keine Antwort. Es gibt keine Antwort. Und dann kann man hören, wie er versucht, die Tür einzutreten."
Es sei unklar, warum ein Pilot das Cockpit verließ. "Sicher ist, dass ganz zum Schluss des Fluges der andere Pilot allein ist und die Tür nicht öffnet." Ebenfalls unklar blieb, ob es sich bei dem ausgesperrten Besatzungsmitglied um den Piloten oder den Co-Piloten handelte.
Die französische Nachrichtenagentur AFP bestätigte den "New York Times"-Bericht unter Berufung auf Ermittlerkreise. Am Donnerstagmorgen gab es dann auch eine Bestätigung der Staatsanwaltschaft Düsseldorf. Dass nur ein Pilot im Cockpit gewesen sei, ergebe sich aus den Ermittlungen der Behörden in Frankreich, hieß es bei den Düsseldorfern, berichtet Reuters.
Ein mit den ausgewerteten Daten des Flugschreibers vertrauter Ermittler sagte demnach, es sei zunächst zu hören, wie sich die Besatzung auf Deutsch unterhalte. "Dann hört man die Geräusche eines Sitzes, der zurückgeschoben wird, dann eine Tür, die sich öffnet und wieder schließt." Anschließend seien Klopfgeräusche an der Tür zu hören. "Und von diesem Moment an bis zum Crash gibt es keine Unterhaltung mehr."
Hilfe von der französischen Armee?
Aus dem deutschen Ermittlerteam am Absturzort heißt es am Donnerstagmorgen zu den Berichten nur, man könne "absolut nichts dazu sagen". Die Experten wollen noch nicht einmal die Frage beantworten, ob sie die Aufnahme des Sprachrekorders aus dem Cockpit kennen. Diese Zurückhaltung ist freilich verständlich, schließlich leitet das französische Bureau d'Enquêtes et d'Analyses (BEA) mit Hauptsitz in Paris die Untersuchungen. Würde einer der internationalen Partner, außer den Deutschen sind auch die Spanier beteiligt, eigenmächtig vorpreschen, würde dies die Gastgeber vor den Kopf stoßen.
Interessant ist jedoch: Das BEA ist, genau wie die deutsche Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU), eine rein zivile Behörde. Die "New York Times" nennt als Quelle für ihren Bericht aber einen "hochrangigen Militär", der mit den Untersuchungen befasst sei. Noch ist unklar, inwieweit die BEA für die Untersuchung des Germanwings-Absturzes auf Hilfe der französischen Armee zurückgreift.
Der Germanwings-Mutterkonzern Lufthansa gab bislang nur eine knappe Erklärung ab: "Wir haben derzeit keine Informationen vorliegen, die den Bericht der 'New York Times' bestätigen", sagte ein Lufthansa-Sprecher. Germanwings selbst äußerte sich ähnlich. "Wir werden uns bemühen, weitere Informationen zu bekommen, und werden uns nicht an Spekulationen beteiligen", teilte das Unternehmen in der Nacht zum Donnerstag mit. Die Ermittlung der Unfallursache obliege den zuständigen Behörden.
Der Co-Pilot der abgestürzten Maschine war seit September 2013 für die Fluggesellschaft tätig. Das teilte eine Lufthansa-Sprecherin mit. Er habe 630 Flugstunden absolviert. Vor der Anstellung sei der Mann an der Verkehrsfliegerschule der Lufthansa in Bremen zum Piloten ausgebildet worden.
Der Flugkapitän der Unglücksmaschine war nach früheren Angaben von Germanwings ein sehr erfahrener Pilot. Er war demnach seit über zehn Jahren für Lufthansa und Germanwings geflogen und hatte auf dem A320 mehr als 6000 Flugstunden absolviert.
Staatsanwälte ermitteln
Offen bleibt, warum der Airbus A320 in den Sinkflug ging. Die Maschine verlor zwar rasch an Höhe, aber nicht so stark, dass die Ermittler einen schweren Schaden an dem Flugzeug vermuten. Die Piloten setzten keinen Notruf ab.
Die Behörden erhoffen sich nun weitere Erkenntnisse vom Flugschreiber. Die zweite Blackbox ist bislang aber nicht in dem Absturzgebiet in den französischen Alpen entdeckt worden.
Die Flugüberwachung hatte laut Staatsanwalt Brice Robin kurz vor dem Unglück vergeblich versucht, Kontakt zu dem Airbus herzustellen. Die Staatsanwaltschaft von Marseille ermittelt wegen fahrlässiger Tötung. Düsseldorfer Staatsanwälte übernahmen die deutschen Ermittlungen.
Am Mittwoch bargen Einsatzkräfte die Leichen der ersten Opfer. Sterbliche Überreste der getöteten Menschen seien von der Unglücksstelle weggebracht worden, sagte ein Sprecher der Polizei in Digne. Bei dem Flugzeugabsturz in einer unwegsamen Bergregion waren am Dienstag alle 150 Menschen an Bord ums Leben gekommen.
syd/chs/wit/dpa/AFP/Reuters