
Afrikanische Christen Weihnachten, Fest der Angst
Kapstadt - Früher waren die Häuser der Christen in der nigerianischen Stadt Kano zu Weihnachten geschmückt. Oft wurden zum Fest auch Muslime eingeladen. Viele Christen feierten die Geburt ihres Heilands auch in Gartenlokalen oder beim Picknick, schließlich herrschen im Dezember auf der Südhalbkugel sommerliche Temperaturen. Doch diesmal ist alles anders.
Geistliche haben den Gläubigen geraten, das Fest besser hinter verschlossenen Türen und eher unauffällig zu begehen. Islamische Freunde, die früher auch ihre christlichen Nachbarn zum Fastenbrechen nach dem Ramadan einluden, werden diesmal kaum zum Weihnachtsdinner kommen. Vor öffentlichen Feiern wurde nachhaltig gewarnt.
Vielerorts wird das christliche Fest in Afrika überschattet von Verfolgung und Diskriminierung. Noch frisch ist die Erinnerung an Weihnachten 2011: Allein beim Anschlag auf die St.Theresa-Kirche in Mandalla starben damals 35 Menschen. Erst kürzlich hat die fundamentalistische Sekte Boko Haram wieder grausam zugeschlagen: In der Stadt Chibok drangen Islamisten in Wohnhäuser ein und schnitten zehn Christen die Kehlen durch. "Sie schlachteten Menschen wie Schafe ab", wurde ein Polizeibeamter zitiert.
Auch auf Sansibar, in Mali oder Kenia brannten 2012 Kirchen, nirgendwo aber ist die Angst vor fanatischen Islamisten größer als in Nigeria, besonders zu Weihnachten. "Die Erfahrung lehrt, dass Boko Haram gerne in der Festzeit Anschläge verübt", warnte ein namentlich nicht genannter Kirchenrepräsentant in der lokalen "Tribune" seine christlichen Mitbürger.
"Wir sind sehr besorgt", betont auch der Generalsekretär des Dachverbands christlicher Kirchen Nigerias, Musa Asake. "Seit Jahren sind wir Angriffen wehrlos ausgesetzt, dieser Staat kann uns nicht schützen", klagt der katholische Priester George Ehusani. Aber dennoch würden die Gläubigen die Weihnachts-Gottesdienste besuchen. "Gott wird die Kirchen schützen", beschwört Asake den Himmel. Er wisse, dass viele Christen in Nigeria große Angst haben. Hunderttausende Christen seien seit dem Jahr 2010 aus dem überwiegend islamischen Norden geflohen, so Ehusani. Über 1400 Terroropfer gab es in Nigeria seit 2010.
"Wir beten, dass 2013 besser wird. Indizien dafür sehen wir aber keine", sagt der Priester. Der Staat sei ratlos und unfähig. "Christen in Nigeria befinden sich in einer sehr gefährlichen Lage; es ist ein Drama", meint Klaas Muurling, Sprecher des überkonfessionellen christlichen Hilfswerks Open Doors mit Sitz in Den Haag. Es gebe mancherorts offenen Hass auf Christen. "Wo könnte unser Land sein, gäbe es nicht die religiösen Unterschiede", sagte Nigerias Präsident Goodluck Jonathan.
300.000 in Mali auf der Flucht
Christen haben in vielen Teilen Afrikas Angst vor Terror und Verfolgung. Unter den etwa 900 Millionen Afrikanern südlich der Sahelzone sind die Christen zwar in der Mehrheit und der Anteil der Muslime, derzeit etwa 30 Prozent, wächst nur langsam, wenn auch beständig. Deutlich zugenommen aber hat der Einfluss der Islamisten, die in islamisch geprägten Regionen Intoleranz gegenüber Christen schüren. "In vielen Ländern Afrikas werden Christen zunehmend bedrängt, schikaniert und verfolgt", sagt Muurling.
Eritrea beispielsweise sei das "Nordkorea Afrikas", so das "Christian Persecution Magazine". Laut Open Doors geht es den 2,5 Millionen Christen dort zunehmend schlechter. 1500 Christen befänden sich zurzeit wegen ihres Glaubens in menschenunwürdigen Gefangenenlagern. Zusammengepfercht in Gefängnis-Containern litten sie nachts unter bitterer Kälte und tags unter enormer Hitze. "Viele sterben", sagt Muurling.
Auch die nur 4000 Mitglieder zählende Christengemeinde in Mauretanien werde drangsaliert; besonders schlimm ergehe es den vom Islam zum Christentum Konvertierten. "In allen islamischen Ländern ist die Konversion ein extrem heikler Punkt, es widerspricht der Auffassung des Islams, dieser angeblich 'letzten Offenbarung' den Rücken zu kehren." Ähnliches wird aus dem Sudan berichtet; auch dort sei die christliche Minderheit sehr bedroht, warnen Kirchen.
Für die wenigen tausend Christen im Norden Malis sei das Leben unmöglich geworden, sagt der katholische Missionar Laurent Balas von der Organisation Weiße Väter. Zahlreiche Kirchen seien von Fanatikern niedergebrannt worden. Die Islamisten haben im Norden mit Terror und der rigiden Durchsetzung der Scharia 300.000 Menschen in die Flucht getrieben.
In Somalia ist die Zahl der Christen drastisch auf wenige hundert gesunken, die ihren Glauben zunehmend im Geheimen praktizieren. Immer wieder werden Christen von islamistischen Schabab-Milizen aufgespürt, entführt und ermordet. Jüngst wurde der 25-jährige Farhan Haji in der Hafenstadt Baraawe öffentlich enthauptet, weil er zum christlichen Glauben konvertiert war.
In Tansania und auf der halbautonomen Insel Sansibar werden nach Angaben der Kirchen zunehmend Christen verfolgt. Islamisten hätten in diesem Jahr zahlreiche christliche Wallfahrtsorte sowie 25 Kirchen zerstört, so der Afrika-Chef der Organisation International Christian Concern.
Auch in Kenia gibt es vermehrt Anschläge von Islamisten auf Kirchen. Im Juli wurden dabei 15 Menschen getötet. Im November starben zehn Menschen bei einem Granatenanschlag auf einen Bus in Nairobi. Die katholischen Bischöfe Kenias äußerten sich "tief besorgt über die wachsende Unsicherheit und Terroranschläge gegen unschuldige Christen".