Attacke auf Christopher Street Day NS-Vergleich der Piusbrüder sorgt für Empörung
Stuttgart - Die entscheidende Textpassage findet sich in der neuen Ausgabe des "Mitteilungsblatts" der deutschen Piusbrüder. In einem Artikel mit dem Titel "Der Untergang des Abendlandes" ruft die Bruderschaft zum aktiven Protest gegen den Christopher Street Day (CSD) am 1. August in Stuttgart auf und vergleicht eine solche Demonstration mit dem katholischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus.

Priesterweihe der Piusbrüder: Harsche Kritik nach Attacke auf CDS
Foto: ddp"Wie stolz sind wir, wenn wir in einem Geschichtsbuch lesen, dass es im Dritten Reich mutige Katholiken gab, die sagten: 'Wir machen diesen Wahnsinn nicht mit!'. Ebenso muss es heute wieder mutige Katholiken geben!" heißt es in dem Text. Die Bruderschaft stellt den CSD als "eine Menge von sich wild und obszön gebärdenden Menschen" dar, die durch die Straßen Stuttgarts ziehen und suggerieren wollten, "Homosexualität ist das Normalste der Welt".
Die Piusbrüder sprechen von einer "perversen Verstanltung" und einer "offenen Propagierung der sodomistischen Sünde" und appellieren insbesondere an alle Männer und Familienväter: "Stellt euch auf die Straßen und ruft: 'Wir wollen nicht, dass unsere Heimat ein Sodom und Gomorrha wird!'"
Die Glaubengemeinschaft warnt vor einer weiteren Aufweichung des Grundgesetzes: "Die Homosexuellen haben bereits die Strafbarkeit ihres Tuns aus dem Gesetz entfernen lassen." Vor kurzem habe Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, SPD, sogar gefordert, die "geschlechtliche Perversion" in das Grundgesetz aufzunehmen. "Wenn das geschieht, dann wird es in Deutschland für Katholiken eng."
Die Veranstalter des CSD Stuttgart wollten nach eigenen Angaben noch am Donnerstag bei der Stuttgarter Staatsanwaltschaft Strafanzeige stellen - wegen Volksverhetzung. "Das ist eine erneute Hetze der Piusbruderschaft gegen Schwule und Lesben, die eine neue Dimension angenommen hat", sagte der Gesamtleiter des CSD Stuttgart, Christoph Michl, SPIEGEL ONLINE.
Schon in den vergangenen beiden Jahren begleiteten die Piusbrüder nach eigenen Angaben den Umzug in Stuttgart mit Kundgebungen. Laut Michl beteten dann jeweils rund 10 bis 15 Personen den Rosenkranz für die Homosexuellen: "Damit wir wieder auf den nach ihrer Meinung 'rechten' Weg zurückfinden."
Der Artikel der Piusbrüder löste einen Sturm der Entrüstung aus. Der Parlamentarische Geschäftsfrüher der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, sieht in der "unchristlichen und menschenverachtenden Hetze" der Bruderschaft einen weiteren Beweis dafür, dass diese "nicht nur außerhalb der katholischen Kirche steht, sondern auch außerhalb des demokratischen Rechtstaates". Wer den eigenen Protest gegen den CSD mit dem Widerstand gegen die Nazis im Dritten Reich vergleiche, beleidige alle Opfer des Nationalsozialismus.
Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stephan Kramer, sagte: "Der Tenor des Vergleichs der Bruderschaft und dessen Absurdität verrät alles darüber, wes Geistes Kinder sie sind. Nach der herzlichen Umarmung der Gruppe durch den Papst bin ich auf dessen Stellungnahme dazu gespannt." Papst Benedikt XVI. hatte im Januar die Exkommunikation der vier Bischöfe der Piusbruderschaft zurückgenommen.
Die Diözese Rottenburg-Stuttgart distanzierte sich von den Piusbrüdern. Der Vergleich mit der NS-Zeit sei "vollkommen verfehlt", betonte Bistumssprecher Thomas Broch. Auch sei es eine "ziemliche Anmaßung" der Bruderschaft, ihre Aktion auf dieselbe Stufe wie den Widerstand gegen den Nationalsozialismus zu stellen.