Augsburg Ehemaliges KZ-Außenlager wird Asylbewerberheim

Halle 116 in Augsburg: Einstimmiger Beschluss des Stadtrats
Foto: Stefan Puchner/ picture-alliance/ dpaAugsburg - Die Halle 116 ist ein Ort des Schreckens. In der NS-Zeit war der Bau in Augsburg ein Außenlager des Konzentrationslagers Dachau. Hier mussten 2000 Zwangsarbeiter für den Flugzeugbauer Messerschmidt schuften.
70 Jahre später hat die Stadt eine neue Verwendung für die Halle. 90 Asylbewerber sollen hier eine Unterkunft finden. So hat es der Sozialausschuss des Augsburger Stadtrats einstimmig beschlossen. Angesichts der vielen Flüchtlinge, die untergebracht werden müssen, bestehe Handlungsbedarf, sagen Stadtvertreter.
"Die sensible Historie der 'Halle 116' ist der Stadt selbstverständlich bewusst", betonte Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU). SPD-Sozialreferent Stefan Kiefer verwies darauf, dass die Unterkunft für die Asylbewerber nur im Obergeschoss der Halle geplant sei. Im unteren Teil solle eine Gedenk- und Begegnungsstätte an die Vergangenheit des Ortes erinnern. "Die Halle soll künftig ein Gedenkort, gleichzeitig aber auch ein belebter Ort werden", sagte Kiefer dem Bayerischen Rundfunk .
Oberbürgermeister Gribl argumentierte, dass gerade dieser Ort Menschen in Not nicht verwehrt werden dürfe. Andernfalls wäre er "ein scheinheiliger Denkort", so der CSU-Politiker. Grünen-Stadträtin Antje Seubert sieht in dem Flüchtlingsheim im ehemaligen KZ-Außenlager sogar einen "Sieg über den Faschismus". So wird die Politikerin von der "Augsburger Allgemeinen" zitiert .
Die Halle sei geeignet, weil die US-Armee das Gelände der KZ-Außenstelle nach dem Krieg übernommen hatten. Die Amerikaner nutzten die Baracke als Fahrzeughalle und renovierten sie regelmäßig. Deshalb ist das Gebäude in guten Zustand. Trotzdem soll der Umbau etwa 1,75 Millionen Euro kosten.
Karl Freller, Fraktionsvize der CSU im Landtag und Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, lehnt die Augsburger Pläne entschieden ab. "Da hätte es auch eine andere Möglichkeit geben müssen", sagte er der "Abendzeitung" . Die Leitung der Gedenkstätte Dachau habe erst aus den Medien von dem Vorhaben erfahren.
Auch Charlotte Knobloch, ehemalige Chefin des Zentralrats der Juden in Deutschland und amtierende Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde in München und Oberbayern, ist entsetzt: "Das ist ein völlig indiskutabler Vorgang, das Ende der dringend notwendigen Erinnerungskultur", sagte sie. Alexander Mazo, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde in Augsburg, reagierte gelassener. Er sagte: "Wenn es keine andere Möglichkeit gibt, Flüchtlinge unterzubringen, muss man es tun."
Augsburg ist nicht allein: Auch im nordrhein-westfälischen Schwerte sollen Asylbewerber auf dem Gelände eines früheren KZ-Außenlagers unterkommen. Doch das Gebäude, in dem die 21 Flüchtlinge wohnen sollen, wurde dort erst nach dem Krieg errichtet.