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Projekt in den USA: Gratiswaffen für Frauen und Hausbesitzer

Foto: Pat Sullivan/ AP

"Bewaffneter Bürger" US-Initiative verteilt kostenlos Waffen

Mehr Gewehre schaffen mehr Sicherheit, glaubt das Armed Citizen Project in den USA - und verteilt kostenlos Waffen an Bürger. Nun wird die Initiative ausgerechnet auch in Tucson aktiv. In der Stadt in Arizona ist die Erinnerung an ein Attentat 2011 mit sechs Toten noch frisch.

Tucson - Im besten Fall ist es eine ungewollte Taktlosigkeit, vermutlich aber eine gezielte Provokation: Eine Initiative in den USA verteilt kostenlos Schusswaffen an vermeintlich besonders schutzbedürftige Bürger. Das Armed Citizen Project - übersetzt: Bewaffnete-Bürger-Projekt - soll besonders Problemviertel in Städten sicherer machen, indem vor allem alleinstehende Frauen und Hausbesitzer mit Waffen versorgt werden.

Stammsitz des Armed Citizen Project ist Texas. Auf der Website der Organisation  heißt es unter anderem, man konkurriere mit Rückkäufen von Waffen durch die Behörden. Politiker, die gegen Waffen seien, seien damit für Kriminalität. Generell kämpfe man gegen das waffenkritische Establishment.

Bis Ende des Jahres sollen in 15 Städten Waffen verteilt werden, darunter New York, Chicago und Detroit. Nun ist auch Tucson im US-Bundesstaat Arizona an der Reihe. Dort ruft die Initiative heftige Reaktionen hervor - im Januar 2011 schoss Jared Lee Loughner in der Stadt die Kongressabgeordnete Gabrielle Giffords aus nächster Nähe in den Kopf und tötete sechs Menschen. Loughner wurde zu lebenslanger Haft verurteilt.

Giffords hat sich noch nicht vollends von ihren Verletzungen erholt. Sie hat sich intensiv für stärkere Kontrollen bei Waffenverkäufen und restriktivere Waffengesetze eingesetzt. Auch deswegen müssen nun etwa bei Waffenmessen in der Stadt Käufer genau überprüft werden.

Laut der Stadt Tucson ist die Verteilung der Waffen durch das Projekt legal. Die Behörden könnten nichts dagegen unternehmen. Daten der Polizei zeigen, dass die Kriminalität in der Stadt 2010 so niedrig war wie seit 13 Jahren nicht. Jährlich werden in Tucson etwa 50 Menschen getötet.

"Wieso sollen bewaffnete Bürger sich nicht selbst verteidigen?"

"Wie jede andere Stadt in Arizona und dem Land haben wir unsere Probleme, aber Tucson ist nicht vom Verbrechen heimgesucht", sagt Vizebürgermeisterin Regina Romero. Man brauche keine Waffe und müsse auch nicht um sein Leben fürchten.

Loughners Bluttat lässt Shaun McClusky nicht zweifeln, ganz im Gegenteil. Der ehemalige Bürgermeisterkandidat hält Waffen für die Lösung von Tucsons Kriminalitätsproblem. Bislang sind für das Armed Citizend Project etwa 12.000 Dollar Spenden eingegangen. McClusky hofft, irgendwann ganze Viertel kostenlos mit Waffen versorgen zu können. "Wieso sollen bewaffnete Bürger sich nicht selbst verteidigen?", fragt er.

Es kostet 400 Dollar, für eine Person eine Waffe zu kaufen und ein Schießtraining abzuhalten. Im Mai will McClusky mit der Verteilung der Waffen in Tucson beginnen. In Houston wurden bereits mindestens 13 Frauen bewaffnet.

Befürworter der Initiative sagen, die Gewehre seien günstig und einfach zu benutzen. Zudem müsse man nicht genau zielen können, was sie zur perfekten Waffe zur Verteidigung des eigenen Hauses mache. "Unsere Hypothese ist, dass Kriminelle keine Lust haben, in unserem Flur zu sterben. Diese Angst wollen wir nutzen", sagt Kyle Coplen. Der 29-Jährige ist der Gründer des Armed Citizen Project.

400 Dollar pro Gewehr und Ausbildung

Angesichts der Amokläufe von Aurora und Newtown wirkt die Initiative auf Befürworter strengerer Waffengesetze zynisch. Das Viertel Pueblo Gardens in Tucson gehört zu den Gebieten, in denen Waffen verteilt werden sollen. In der Arbeitergegend haben viele Anwohner ohnehin Waffen; dennoch sind viele skeptisch, dass das Projekt die Sicherheitslage verbessern würde.

"Wir könnten die 400 Dollar pro Gewehr nehmen und den Leuten geben, damit sie Lebensmittel kaufen, die Miete oder Rechnungen bezahlen können", sagt Cindy Fayala, Vorsitzende des Nachbarschaftsausschusses. Bürgerwehren oder Selbstjustiz seien keine Lösung.

Das sehen die Macher des Armed Citizen Project ganz anders. Gegner und Befürworter strengerer Waffengesetze glaubten, mit ihrer Methode werde die Kriminalität sinken, heißt es auf der Homepage. Es sei Zeit, in die Offensive zu gehen - und dazu zu ermuntern, mehr Defensivwaffen in die Gesellschaft zu bringen.

Lange genug, will die Waffenlobby glauben machen, habe man sich in die Defensive drängen lassen. Projekte wie das Armed Ciziten Project seien eine Reaktion. Alan M. Gottlieb, Gründer der Lobbygruppe Second Amendment Foundation, sagte: "Wenn andere nicht nach mehr Kontrolle schreien würden, sähe man nicht all die Verkäufe von Waffen und Munition."

ulz/AP
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