Schulungszentrum in Braunau geplant In Hitlers Geburtshaus sollen Polizisten etwas über Menschenrechte lernen

Was tun mit dem Haus, in dem 1889 Adolf Hitler geboren wurde? Im österreichischen Braunau konkretisieren sich Pläne für eine Polizeistation in dem Gebäude – es soll auch für Schulungen zu Menschenrechten genutzt werden.
Hitler-Geburtshaus in Braunau: Hier sollen künftig Menschenrechtsschulungen für die Polizei abgehalten werden

Hitler-Geburtshaus in Braunau: Hier sollen künftig Menschenrechtsschulungen für die Polizei abgehalten werden

Foto: Barbara Gindl / dpa

Nach jahrelangem Streit über die Nutzung des Hitler-Hauses im österreichischen Braunau scheint nun eine Lösung gefunden. Das Haus, in dem 1889 der spätere Diktator geboren wurde, soll wie bereits seit Längerem diskutiert zur Polizeiwache umgebaut werden. Neu ist, dass an dem Ort künftig ein Zentrum für Menschenrechtsschulungen unter Polizistinnen und Polizisten eingerichtet werden soll.

Durch die Einrichtung einer Polizeidienststelle sei eine adäquate Nutzung gefunden, »um der moralischen, politischen und rechtlichen Verantwortung gerecht zu werden«, sagte Oliver Rathkolb vom Institut für Zeitgeschichte an der Universität Wien einer Mitteilung  des Bundesinnenministeriums in Wien zufolge. »Wir müssen uns unserer Vergangenheit stellen und diesem geschichtlich belasteten Ort eine lebensbejahende Perspektive geben«, wird Rathkolb zitiert. Dies sei vor allem dadurch erfüllt, dass künftig Polizistinnen und Polizisten in der neugestalteten Polizeiinspektion zum Thema Menschenrechte geschult werden sollen.

Adolf Hitler (1889-1945) hatte die ersten Monate seines Lebens in dem Haus verbracht. Das Gebäude ist nach einer Enteignung seit Anfang 2017 im Besitz des österreichischen Staates. Die Enteignung soll verhindern, dass das Hitler-Haus zu einem Anziehungspunkt für Neonazis wird.

Polizei als »größte Menschenrechtsorganisation Österreichs«

In der Bevölkerung war die nun geplante Nutzung als Polizeistation jedoch zuletzt auf scharfe Kritik gestoßen, wie unter anderem die Zeitung »Standard « und der Sender ORF  berichten. Sie verweisen auf eine Umfrage des market-Instituts, nach der eine Mehrheit sich eine Einrichtung wünschte, die sich thematisch mit Nationalsozialismus, Gedenken, Antifaschismus oder Frieden auseinandersetze. Nur eine kleine Minderheit habe sich für die seit Jahren geplante Nutzung durch die vollziehende Gewalt ausgesprochen.

Die »Kommission zum historisch korrekten Umgang mit dem Geburtshaus Adolf Hitlers« hat nun die geplante Nutzung durch die Polizei bekräftigt. Kommissionsmitglied Hermann Feiner, bis 2021 zuständig für Projekte im Bau- und Liegenschaftsbereich des Innenministeriums, teilte mit: »Es wird eine Dienststelle für die größte Menschenrechtsorganisation Österreichs – die Polizei – und es wird außerdem ein Zentrum für Schulungen in diesem fundamental wichtigen Thema.« Die vorgesehene Nutzung entspreche sowohl dem inneren Verständnis der Exekutive als auch »dem sicherheitsbehördlichen Auftrag nach außen«, sagte Clemens Jabloner vom Institut für Rechtsphilosophie der Universität Wien, der der Historikerkommission vorsaß.

Ein Abriss des seit 2011 leer stehenden Gebäudes komme nicht infrage, so die Kommission. Zum einen, weil dies weltweit als Ignoranz gegenüber der historischen Verantwortung Österreichs gewertet werden würde. Zum anderen sei ein Abriss aufgrund der Verpflichtungen des für das Hitler-Haus geschaffenen Enteignungsgesetzes rechtlich nicht möglich.

Hauptnutzer des Gebäudes war jahrzehntelang die Lebenshilfe mit einer Behindertenwerkstatt. Im Streit über notwendige Sanierungen zog die Organisation schließlich aus. Die Enteignung hatte zu einem längeren Rechtsstreit zwischen der früheren Besitzerin und dem Staat um die Höhe der Entschädigung geführt. An die frühere Besitzerin floss viel Geld – und die geplante Neugestaltung wird noch deutlich mehr kosten. In der Mitteilung des Innenministeriums ist inzwischen von Gesamtkosten in Höhe von 20 Millionen Euro die Rede.

Das sind deutlich mehr als die zunächst veranschlagten Kosten von fünf Millionen Euro. Peter Skorsch aus dem österreichischen Innenministerium argumentierte, dass damals kein konkretes Bauprojekt festgestanden habe und Nettokosten genannt worden seien. Russlands Angriff auf die Ukraine habe die Baukosten ebenfalls in die Höhe getrieben.

Der Umbau soll 2025 fertig sein, 2026 die Polizeistation und das Bezirkspolizeikommando einziehen.

apr
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