
Rückkehr nach Kolontár: "Endlich die Wahrheit sagen"
Chemieunfall in Ungarn Erste Bewohner kehren in Giftschlamm-Dorf zurück
Kolontár - Aus Angst vor einer weiteren giftigen Schlammlawine waren rund 800 Bewohner des ungarischen Dorfes Kolontár vor knapp einer Woche vom Katastrophenschutz evakuiert worden. Nun gaben die Behörden Entwarnung: Die Risse im Auffangbecken der Tonerdefabrik MAL haben sich den Angaben zufolge nicht mehr vertieft, zusätzlich soll ein neues Dammsystem das Dorf schützen. In Bussen wurden die ersten Bewohner aus ihrem vorläufigen Domizil - einer Sporthalle in der Stadt Ajka - in ihr Heimatdorf gebracht.
Greenpeace bezeichnete die Aktion als "unverantwortlich". Die Regierung wolle die Menschen in die Katastrophenzone zurückkehren lassen, ohne dass die Ursachen des Unfalls überhaupt geklärt worden seien, hieß es. Doch damit nicht genug: Auch der getrocknete Schlamm, der noch immer die Straßen und Häuser des Dorfes überzieht, stelle eine große Gefahr dar, sagte Greenpeace-Sprecher Herwig Schuster.
Analysen hätten ergeben, dass ein großer Teil des Schlamms zu Ultrafeinstaub werde: Beim Einatmen könne dieser bis in die Lungenbläschen dringen - und mitsamt der toxischen Stoffe ins Blut aufgenommen werden. Die ungarische Regierung dürfe diese Gefahr nicht ignorieren oder kleinreden, sagte Schuster. "Die Behörden müssen den Menschen vor Ort endlich die Wahrheit über die Gefahren sagen."
Auch zwei Wochen nach dem Unglück, bei dem neun Menschen ums Leben kamen und rund 150 verletzt wurden, bleibt die Tonerdefabrik MAL in Ajka geschlossen. "Mit dem Management des Unternehmens müssen noch weitere Daten abgeglichen werden", erklärte eine Sprecherin des ungarischen Katastrophenschutzes.
Der giftige Rotschlamm, der im Westen des Landes eine Fläche von 40 Quadratkilometern verseucht hatte, war auch in die Donau gelangt: Behörden in Kroatien haben in dem Fluss eine erhöhte Aluminium-Konzentration nachgewiesen. Nachdem der Wert zunächst auf das 4,5-fache des Üblichen gestiegen war, sei die Konzentration mittlerweile jedoch so gering, dass weder Mensch noch Umwelt gefährdet seien, hieß es.
Dieser Rückgang deute möglicherweise darauf hin, dass die Verschmutzung rasch weiter geschwemmt werde, erklärten die Behörden.