Artikel 3 Justizministerin will Begriff "Rasse" im Grundgesetz ersetzen

Die Bundesregierung hält den Begriff "Rasse" im Grundgesetz für fehl am Platz. Um "Missverständnisse" zu vermeiden, will Justizministerin Lambrecht die Formulierung austauschen – weiß aber noch nicht genau wie.
Grundgesetz-Passage auf einer Glaswand am Jakob-Kaiser-Haus

Grundgesetz-Passage auf einer Glaswand am Jakob-Kaiser-Haus

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Reiner Zensen/ imago images

Artikel 3 des Grundgesetzes formuliert einen zentralen Grundsatz der bundesrepublikanischen Demokratie: "Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich." Doch in Absatz 3, der Diskriminierung untersagt, ist von "Rasse" die Rede. Es ist allerdings inzwischen wissenschaftlicher Konsens, dass es keine menschlichen Rassen gibt . Die Bundesregierung will deshalb den Begriff aus dem Grundgesetz streichen und durch eine neue Formulierung zum Schutz vor Rassismus ersetzen.

"Es besteht völlige Einigkeit darüber, dass es keine unterschiedlichen Menschenrassen gibt", sagte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) der "Augsburger Allgemeinen". "Deshalb haben wir uns in der Bundesregierung darauf geeinigt, das Grundgesetz an dieser Stelle zu überarbeiten."

In Absatz 3 von Artikel 3 heißt es bislang: "Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden."

Bei der Entstehung des Grundgesetzes 1949 sei der Begriff Rasse aufgenommen worden, sagte Lambrecht, "um sich klar von der Nazi-Rassenideologie zu distanzieren". Dennoch könne aus heutiger Sicht die Verwendung des Begriffs "zu Missverständnissen" führen, sagte sie. Deshalb werde dies zu Recht kritisiert.

Hamburger Vorschlag zur Neufassung

Bereits im Frühjahr hatte die Regierung nach einem Vorstoß der Grünen, das Wort "Rasse" zu streichen, kontrovers diskutiert. Unter anderem Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bewertete das Vorhaben skeptisch, während Lambrecht es unterstützte. Zuletzt hatte der rot-grün regierte Stadtstaat Hamburg eine Bundesratsinitiative angekündigt, um den Begriff in der Verfassung zu entfernen.

Der Begriff dürfe nicht ersatzlos aus der Verfassung entfernt werden, sagte Lambrecht der "Augsburger Allgemeinen". "Das Grundgesetz muss vor Rassismus schützen, ohne dabei von 'Rasse' zu sprechen." Wie das gehen soll, hierzu will die Justizministerin dem Interview zufolge nun zusammen mit Innenminister Seehofer einen entsprechenden Entwurf erarbeiten.

Wie es gehen könnte, zeigt die Hamburger Initiative, die am 6. November in die Länderkammer eingebracht werden soll. Sie sieht vor, "Rasse" durch "rassistisch" zu ersetzen. Demnach würde dort künftig stehen: "Niemand darf... rassistisch benachteiligt oder bevorzugt werden."

apr/AFP
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