Coronakrise Experten von Bundeswehr und RKI sollen Großstädte unterstützen

Bundeswehr im Corona-Einsatz: Soldaten im temporären Corona-Behandlungszentrum auf dem Berliner Messegelände
Foto: Christoph Soeder / dpaBundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat angesichts stark gestiegener Corona-Zahlen mit den Oberbürgermeistern der elf größten deutschen Städte über die Lage gesprochen. An der Videokonferenz am Freitag nahmen die Stadtoberhäupter von Berlin, Hamburg, Bremen, München, Frankfurt am Main, Köln, Düsseldorf, Dortmund, Essen, Leipzig und Stuttgart teil.
Auf dem Treffen wurde unter anderem vereinbart, dass
spätestens ab einer Inzidenz von 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in einer Woche das Robert Koch-Institut (RKI) auf Bitten der betroffenen Großstadt Experten zur Beratung in die jeweiligen Krisenstäbe entsendet.
Zudem soll die Bundeswehr auf Bitten der Städte in diesen Fällen Experten zur Beratung und Koordinierung benötigter Unterstützungsleistungen des Bundes in die jeweiligen Krisenstäbe schicken.
Spätestens wenn der Wert auf 50 Infektionen steigt, sollen die Städte den Beschlüssen zufolge umfangreichere Beschränkungen einführen. Dazu gehört laut Nachrichtenagentur dpa etwa
die Erweiterung der Mundschutz-Pflicht auf den öffentlichen Raum, wenn dort der nötige Abstand nicht eingehalten werden kann.
Genannt werden auch Sperrstunden und Alkoholbeschränkungen für Gastronomiebetriebe sowie
weitergehende Beschränkungen der Teilnehmerzahlen von Veranstaltungen und privaten Feiern.
Die Metropolen sollen ihre Ordnungsämter so entlasten, dass sie die Beschränkungen kontrollieren können. Bund und Länder sollen kurzfristig darüber beraten, wie auch Bundespolizei und Länderpolizeien helfen können. Kommt der Anstieg der Infektionszahlen nicht spätestens nach zehn Tagen zum Stillstand, seien "weitere gezielte Beschränkungsschritte unvermeidlich", heißt es in dem Beschlusspapier, das dem SPIEGEL vorliegt.
"Jetzt entscheidet sich, wie Deutschland im Winter durch die Pandemie kommt"
"Mir ist sehr wohl bewusst, dass die Regeln, die jetzt verhängt werden, wehtun", sagte Merkel nach der Videokonferenz. Sie appellierte vor allem an junge Leute, sich an Regeln zu halten. Junge Menschen fänden Einschränkungen von Feiern oder eine Sperrstunde vielleicht übertrieben, sagte die Kanzlerin. Sie fragte aber, ob es nicht wert sei, ein wenig Geduld zu haben und an die Familie und Großeltern zu denken. Priorität sei es, die Wirtschaft am Laufen zu halten und dass Kinder und Jugendliche auf Kitas und Schulen gehen könnten.
Die Partyszene in mehreren Städten gilt als ein Auslöser für die ansteigenden Infektionszahlen. Der Städte- und Gemeindebund forderte hier mehr Aufklärungsarbeit in den sozialen Medien. Den jungen Menschen müsste vor allem über den Weg der sozialen Medien klargemacht werden, dass sie nicht nur sich selbst, sondern auch andere gefährdeten, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg im ZDF.
In Berlin und weiteren Städten wie Bremen hat die sogenannte 7-Tage-Inzidenz den kritischen 50er-Wert bereits überschritten. In der Hauptstadt lag der Wert am Donnerstag bei 52,8.
"Jetzt entscheidet sich, wie Deutschland im Winter durch die Pandemie kommt", sagte Merkel. An der Entwicklung in den Ballungsräumen zeige sich, "ob wir die Pandemie in Deutschland unter Kontrolle halten können oder ob uns die Kontrolle entgleitet". Ziel müsse sein, die Zahlen in einem Bereich zu halten, in dem möglichst jede einzelne Infektion nachverfolgt und jeder Kontakt erreicht und gewarnt werden könne. Merkel warb um Verständnis für Beschränkungen, die die Gastronomie hart treffen. Oberstes Ziel sei aber, das öffentliche Leben - wenn irgend möglich - nicht nochmals so weitgehend herunterzufahren, wie dies im Frühjahr notwendig gewesen sei.